

Einen Schönheitspreis gebe es aktuell nicht zu gewinnen, sagte Dino Toppmöller unter der Woche. Und erinnerte gleich noch an die schönste Mannschaft der Eintracht-Geschichte: „Es geht nicht um Fußball 3000“.
Begeisterndes Offensivspiel, wie es die Fußball-2000-Generation rund um Yeboah und Okocha gezeigt hatte, war in Hamburg nicht zu sehen. Das hat Gründe: Wochenlang fielen die besten Offensivspieler Jonathan Burkardt und Can Uzun aus. In der ersten Halbzeit zeigten die Frankfurter, wieso so viel über ihr Spiel und ihren Trainer gesprochen wird: Nach vorne war es ideenlos, nach hinten schläfrig.
Dann spielte die Eintracht eine halbe Stunde lang ansehnlich, mit schönen Spielzügen, Ballkontrolle. Aber auch in dieser Phase waren mehrere Probleme erkennbar: Der Eintracht fehlt seit Jahren ein Lenker im Mittelfeld. Toppmöller zwingt seine Spielmacher nicht, das Tempo zu verschleppen oder gegen einen müden Aufsteiger den Ball quer zu passen.
Die Druckphase der Eintracht war vorbei, als der Trainer wechselte. Auf der Bank fehlen Spieler, die gut genug sind für eine Mannschaft mit internationalen Ansprüchen. Auch das gehört zum „Kontext“, den sich Toppmöller nach dem Spiel wünschte. Dazu zählen ebenso unerklärliche Fehler wie Collins’ Pass zum HSV-Stürmer vor dem 0:1. Es war in dieser Bundesligasaison das elfte Gegentor der Eintracht nach eigenem Ballverlust. Das sind auf diesem Niveau unfassbare Zahlen.
Ein weiterer spannender Fall für den Toppmöller’schen Kontext: Es ist das dritte Jahr in Folge, in dem ihn Fernsehreporter fragen: „Welchen Stürmer wünschen Sie sich zu Weihnachten?“ Auch im Sommer werden die Eintracht wieder Spieler für viel Geld verlassen, siehe Nathaniel Brown oder Uzun. Zuletzt aber spielten einige Zugänge nicht so gut wie erhofft.
Markus Krösche forderte in Hamburg, man solle schauen, wo die Eintracht herkomme. Aus der Relegation, dem Abstiegskampf. Manch ein Grundschüler mit Eintracht-Trikot kann sich (zu Recht) nicht daran erinnern, seinen Lieblingsklub 2016 in Nürnberg um den Klassenverbleib spielen gesehen zu haben. Im Sommer ist das zehn Jahre her.
Für die junge Generation sind deshalb Spiele gegen Marseille oder Madrid der Maßstab. Die Eintracht hatte nie einen teureren Kader, sie zahlt am fünftbesten in Deutschland. Sie steht am Ende eines langen Jahres auf Platz sieben. Das ist, bei allem Kontext, ordentlich.
Oft war sie in diesem Jahr viel mehr als ordentlich: beim Europapokal-Viertelfinale, beim Sieg am letzten Spieltag in Freiburg, zum Champions-League-Auftakt. Es war ein Jahr mit hektischen Phasen, den Tagen vor dem Endspiel um die Champions League, den vergangenen Wochen. Es war ein schönes Eintracht-Jahr.
In der Rückrunde sollte das Ziel der Frankfurter sein, noch ein, zwei Plätze gutzumachen. Dafür braucht es nicht gleich Fußball 3000. Aber ein wenig lockerer muss das Offensivspiel mit Burkardt, Uzun und ein paar neuen Stürmern werden. Wenn das für Platz fünf oder sechs reicht, wäre die Eintracht für die Europa League qualifiziert – jenen Wettbewerb, dessen Finale in anderthalb Jahren im Waldstadion stattfindet.
Auch wenn es an den hektischsten Tagen des Jahres manchmal nicht so scheint: Die Ruhe ist nur ein paar Siege entfernt.
