Landarzt-Kolumne: Ohne IT geht’s nicht

Tja, wir leben hier zwar auf dem Land, aber nicht hinter dem Mond. Deshalb standen diese Woche große Veränderungen an – technischer Art. Schon als wir vor einiger Zeit von Windows 10 auf Windows 11 umgestiegen sind, hat sich das angefühlt wie ein Aufbruch zu anderen Ufern. Damals waren wir einige Tage in der Praxis mit unseren Arbeitsabläufen eingeschränkt, haben teilweise neue Rechner angeschlossen, aber das war alles schnell gemacht. Gekostet hat der Spaß rund 20.000 Euro. Aber das war nur der Auftakt für die große System-IT-Umstellung.

In der vergangenen Woche, beginnend am Nikolauswochenende – wir können unsere Patienten ja nicht einfach unversorgt lassen –, haben wir eine größere Nummer veranstaltet. Wir haben die gesamte Praxissoftware auf das Nachfolgeprodukt umgestellt und gleichzeitig alle peripheren Geräte ersetzt.

Nicht mehr modern, aber zuverlässig

Mit der alten Software haben wir fast 25 Jahre gut gearbeitet, Oldie but goldie – sie hat immer funktioniert. Die alte Software war vielleicht nicht die modernste, aber ex­trem zuverlässig. Doch die Wartung wurde immer teurer, und die Anbindung moderner Techniken und Endgeräte wie etwa eines Langzeit-EKGs oder eines Langzeit-Blutdruckgeräts immer aufwendiger. Manchmal muss ein Update sein.

So weit ist nun nach einer Woche auch alles am Laufen. Aber meine Mitarbeiter und ich müssen lauter neue Computerbefehle, Tastenkombinationen und Abläufe lernen. Sie müssen zur Routine werden. Sie können sich vorstellen: Die Freude ist groß.

Der Doktor macht sich unauffällig

Natürlich hatten wir eine Schulung, aber unser wahrer Lehrmeister ist „Dr. Trial and Error“. Da sind wir ehrlich. Noch sehen wir keine Arbeitserleichterung. Aktuell sind auch die Patienten über die Neuerungen noch nicht so richtig erfreut. Da noch nicht jeder Handgriff sitzt, müssen sie bei der Anmeldung etwas warten. Ich versuche mich sowohl dem Unmut meiner Mitarbeiter als auch dem der Patienten zu entziehen, indem ich besonders unauffällig von Raum zu Raum schleiche – vor allem weil ich auf die Frage „Wie war das noch mal mit dem Befehl?“ auch oft noch keine Antwort habe. Was erwarten aber auch alle? Ich bin schließlich Generation Wählscheibe, gebe mir aber Mühe, mitzuhalten. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum Meister Brumm jetzt mein neuer Held ist.

Neben den IT-Problemen hatte ich diese Woche nämlich auch eins mit meinen Schuhen. Bei einem der Schuhe hat sich die Sohle abgelöst. Leider gibt es immer weniger Schuhmacher bei uns in der Region. Ich wollte die Schuhe aber partout nicht wegschmeißen und bin dann im Internet auf das Geschäft von Schuhmachermeister Brumm gestoßen. Schon seine Website hat mir gut gefallen. Richtig klasse fand ich aber seine Box, in die man sieben Tage die Woche, 24 Stunden lang, seine Schuhe zur Reparatur abgeben kann.

Das ist nicht nur extrem praktisch, das lässt mich auch hoffen, denn Meister Brumm ist etwa in meinem Alter. Ok, werden Sie jetzt vielleicht denken, eine solche Box ist nicht der Flug zum Mars. Aber ich finde, das ist einfach eine kluge Idee für den Alltag.

Ich glaube, wir brauchen mehr solcher Ideen. Beim Abholen meiner Schuhe frage ich Meister Brumm vielleicht mal, ob er Ideen für ein oder zwei meiner Softwareprobleme hat. So lange muss ich halt aushalten, dass alle auf mich schimpfen und ungeduldig sind. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass uns das neue System am Ende Erleichterung und Zeitersparnis bringt. Sie wissen ja, wie das mit der Hoffnung ist.

Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich einen sehr schönen dritten Advent – herzlich Ihr Landarzt

Dr. Thomas Aßmann, 62 Jahre alt und Internist, hat eine Praxis im Bergischen Land. Er schreibt alle 14 Tage für die F.A.S.