

Das also soll das Aus des Verbrenner-Aus sein? Das Signal aus Brüssel, dass die Europäische Kommission nicht stur an einst beschlossenen Regeln festhält, sondern auf neue Realitäten reagiert, wie es Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas formuliert? Das Signal an die Autohersteller, dass die Kommission die Schwierigkeiten der Konzerne bei der Umstellung auf den Elektroantrieb ernst nimmt? An die Menschen, dass sie ihnen die Wahl lässt, was für ein Auto sie fahren wollen?
Nichts davon ist der Fall. Von dem nach langem Ringen endlich vorgelegten Vorschlag geht nur ein Signal aus: weiter so wie bisher. Die Europäische Kommission lässt vom Verbrennerverbot ebenso wenig wie ein Trinkender von der Flasche.
Ein Abrücken in homöopathischen Dosen
Die Kommission passt die Regeln nur so stark an, wie sie es angesichts des enormen politischen Drucks aus Deutschland, Italien, Polen, der großen ökonomischen Schwierigkeiten der Automobilbranche, des Unwillens der Menschen über die Brüsseler Verbotspolitik und der Erfolge der Populisten muss. Es ist ein Abrücken vom Verbrennerverbot in homöopathischen Dosen.
Ja, das hundertprozentige Aus von Autos mit Verbrennungsmotor im Jahre 2035 ist vom Tisch. Die Kommission will nur noch vorschreiben, dass der CO2 -Ausstoß der Neuwagenflotten um 90 Prozent sinkt. Lange hielt sie daran fest, dass dennoch nur Autos zugelassen werden dürfen, die sowohl über einen Verbrennungsmotor als auch einen Elektromotor verfügen, also Plug-in-Hybride oder Range-Extender, bei denen der kleine Verbrenner nur anspringt, um die Reichweite des E-Antriebs zu erhöhen. Erst kurz vor der Veröffentlichung des Vorschlags kamen auch reine Verbrenner hinzu.
Formal ist der Kommissionsvorschlag damit technologieneutral. Zumindest bis 2040 können noch Neuwagen aller Fahrzeugtypen zugelassen werden. Was fünf Jahre später ist, lässt der Vorschlag offen. Es ist also zumindest erst einmal nur Technologieoffenheit auf Zeit.
Wollte die Kommission nicht Bürokratie abbauen?
Das verschafft der Branche etwas Luft. Sie kann mit den Einnahmen aus dem lukrativeren Verbrenner die Umstellung auf die Elektromobilität gegenfinanzieren und so hoffentlich den – zu einem großen Teil durchaus selbst verschuldeten – Rückstand auf China aufholen.
Das alles aber hat einen Preis: Die Kommission verlangt, dass die Verringerung des CO2-Ausstoßes insgesamt nicht kleiner wird. Die Hersteller, die Autos mit Verbrenner verkaufen wollen, müssen für den Bau grünen Stahl verwenden und sie mit Biokraftstoffen betanken. Die Kommission weiß auch ganz genau, wie: Sieben Prozentpunkte der Zehn-Prozent-Lücke zwischen altem und neuem Ziel soll der grüne Stahl schließen, die restlichen drei Prozentpunkte Biokraftstoffe. Hatte sich diese Kommission nicht dem Bürokratieabbau verschrieben?
Die Kommission kann nicht von Verboten lassen
Wie wenig die Kommission und ihre Präsidentin Ursula von der Leyen an ihre eigene Kehrtwende glauben, zeigt der zweite Vorschlag, den sie parallel vorgelegt haben: die neuen Regeln für Unternehmensflotten. Sie sollen nun ihrerseits CO2-Ziele für ihre Flotte erfüllen. Die Kommission will damit nicht zuletzt den Markt für dann günstigere Gebrauchtelektrowagen in Schwung bringen.
Die Ziele variieren von Land zu Land je nach Wirtschaftskraft. Die Brüsseler Dienstwagenquoten für Deutschland aber haben es in sich. 54 Prozent der Unternehmensflotte sollen hierzulande bis 2030 aus Elektroautos bestehen. Bis 2035 soll der Anteil auf 95 Prozent steigen. Das trifft einen Großteil des Markts: Beinahe zwei Drittel aller Neuwagen werden hierzulande an Unternehmen verkauft. Das als Verbrennerverbot durch die Hintertür zu bezeichnen, ist nur leicht zugespitzt.
Es bleibt dabei: Mit dieser Kommission ist keine vernünftige Klimapolitik zu machen. Sie kann von der Verbotspolitik nicht lassen. Sie bleibt in dem Glauben verwurzelt, Klimaschutz bis ins Detail planen zu müssen und vor allem zu können. Nur sie weiß, wie die Mobilität in Zeiten des Klimaschutzes 2035, 2040 oder 2050 auszusehen hat. Und wenn nicht alle im Jahr 2035 auf neue E-Autos umsatteln (wollen), müssen sie es eben 2040 oder spätestens 2050 tun.
Das bedeutet nicht, dass der Elektromobilität nicht die Zukunft gehört. Das aber sollen die Menschen entscheiden, weil ihnen die Autos mehr Spaß bereiten als Verbrenner oder weil sie schlicht günstiger sind. Denn zur Wahrheit gehört: Solange die EU ihre übergeordneten Klimaziele nicht aufgeben will, muss sie an der Bepreisung von CO2 festhalten. Das wird den reinen Verbrenner zwangsläufig teurer machen. Es lässt aber Herstellern wie Kunden dennoch die Freiheit zu wählen, wie sie künftig von A nach B kommen.
