Fußball-Bundesliga mit TV-Boom in Brasilien dank DFL-Konzept

Ein grüner Geländewagen vorneweg, dahinter auf einer großen Pritsche deutsche Fußball-Geschichte zum Anfassen. Zwar hat Stürmer Grafite nie für den FC Bayern gespielt, sondern im Trikot des VfL Wolfsburg in der Meistersaison 2008/2009 eben jenen Bayern eines der bis heute schönsten Hacken-Tore der Ligageschichte eingeschenkt.

Doch an diesem Oktobertag im südbrasilianischen Bundesstaat Santa Catarina ist das alles erst einmal egal. Zusammen mit dem brasilianischen Weltmeister Lucio, der mit den Bayern dreimal Meister wurde und dem ehemaligen Dortmunder Ewerthon, der die Meisterschale 2002 in die Höhe recken durfte, winken sie den tausenden Zuschauern am Wegesrand zu.

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Allesamt sind sie in fesche Lederhosen geschlüpft und präsentieren auf einem Pritschenwagen die Bundesliga-Meisterschale. Nicht irgendwo, sondern auf dem nach München zweitgrößten Oktoberfest der Welt. Rund 700.000 Besucher strömen während der Feierlichkeiten auf das Festgelände im brasilianischen Blumenau und genießen bayerische Lebensart.

Und zu diesem Lifestyle gehört eben auch der FC Bayern, der deutsche Fußball und seine Lederhosen. Ganz besonders in der Stadt, deren Geschichte von deutschen Auswanderern geprägt ist.

Die von den Zuschauern interessiert aufgenommene Aktion gehört zu einem in dieser Form wohl einzigartigen Konzept, mit dem es die deutsche Eliteliga geschafft hat, ein Quotenhit im Land des Rekordweltmeisters zu werden. Die Bundesliga liegt nach Angaben der Deutschen Fußball Liga (DFL) in der Reichweite vor den internationalen populären Ligen aus England, Spanien oder Italien.

In der letzten Saison verzeichnete die Bundesliga nach DFL-Angaben „durchschnittlich fünf Millionen Live-Aufrufe pro Spieltag über ein vielfältiges Sendernetzwerk“, das Pay-TV-Kanäle, frei empfangbare Kanäle und digitale Plattformen umfasst. Damit hat sich den Angaben zufolge die Fangemeinde der Bundesliga in Brasilien zwischen 2018 und 2024 von zwölf Millionen auf 24 Millionen Fans verdoppelt.

Es sind Erfolge, die der in die Kritik geratenen Auslandsvermarktung der DFL guttun. Denn in Chefetagen wird vor allem neidisch nach England geschaut. Pro Saison erhalten die 20 Vereine auf der Insel derzeit 2,3 Milliarden Euro aus der Auslandsvermarktung der Fernsehrechte. Zum Vergleich: In Deutschland müssen sich 36 Erst- und Zweitligaklubs Erlöse von jährlich insgesamt 218 Millionen Euro teilen.

Nicht Bayern, sondern Brasilien: Paare in Trachten und Lederhosen tanzen beim Oktoberfest in Blumenau.
Nicht Bayern, sondern Brasilien: Paare in Trachten und Lederhosen tanzen beim Oktoberfest in Blumenau.dpa

Die in Deutschland kritisierte FIFA-Klub-WM sorgte übrigens für einen weiteren Quotenhit in Brasilien: Der 4:2-Achtelfinalsieg der Bayern über Flamengo in Miami erreichte in Brasilien einen Marktanteil von 60 Prozent. Nur der 1:0-Finalsieg von Flamengo in der Copa Libertadores über den Landesrivalen Palmeiras schaffte mit 63 Prozent einen noch höheren Marktanteil der eingeschalteten Fernseher in der fußballverrückten Nation mit 210 Millionen Einwohnern.

Stars wie Jorginho, Paulo Sergio und Lucio trugen das Bayer-Trikot

Die DFL hat ihr Engagement zuletzt verstärkt. RB Leipzig reiste nach der abgelaufenen Saison zu einer Promotion-Tour nach Brasilien. Bayer 04 Leverkusen absolvierte die Saisonvorbereitung in Rio de Janeiro und brachte einen ganz besonderen Schatz mit.

Die „brasilianische“ Geschichte des Vereins ist legendär. Stars wie Jorginho, Paulo Sergio, Lucio, Juan oder Ze Roberto trugen das Bayer-Trikot. Mit 176 brasilianischen Profis ist Brasilien nach DFL-Angaben die Nation mit den meisten ausländischen Bundesliga-Profis.

Einer der populärsten Bundesliga-Spieler aus Brasilien: Lucio am Ball für die Bayern
Einer der populärsten Bundesliga-Spieler aus Brasilien: Lucio am Ball für die BayernAP

Hinzu kommt die Besonderheit des brasilianischen Marktes, der mit unter zehn Prozent Anteil eine niedrige Pay-TV-Durchdringung hat. Stattdessen gibt es einen breit zugänglichen Sender-Mix, inklusive frei empfangbarer linearer und digitaler TV-Angebote.

Die DFL arbeitet zudem eng mit brasilianischen Influencern und Streamern zusammen, die die Bundesliga einem breiten Publikum präsentieren und als Lifestyle-Projekt präsentieren. Die Bundesliga ist die einzige internationale Liga im Portfolio des brasilianischen Mediengiganten Globo.

Und wenn Grafite mal nicht in Lederhose durch Blumenau fährt, ist er einer der populärsten TV-Kommentatoren im brasilianischen Fernsehen und seine respektvollen, aber stets fachkundig-kritischen Einschätzungen sind bei den Zuschauern äußerst populär. Er ist damit zu einem der sympathischsten Gesichter der Bundesliga in Südamerika avanciert.