Es gibt Dinge, die sagt man nicht einfach. Die werden verkündet. Gesetze, Prophezeiungen, Gerichtsurteile. Oder bedeutende Dinge, etwa dass Ousmane Dembélé Weltfußballer ist, die Krebstherapie bei König Charles gut anschlägt oder die Deutsche Glasfaser bereits 2,8 Millionen Haushalte erschlossen hat. Letztere Nachrichten und Tausende mehr sind mit dem Wörtchen „verkündet“ im SZ-Archiv der vergangenen Woche gespeichert – klar, ist ja auch Dezember und damit Verkündigungs-Hochsaison. Unschlagbarer Spitzenreiter in dieser Kategorie bleibt aber die erfolgreiche Befruchtung. Schwangerschaft, Elternwerden, Großelternwerden – es gibt doch seit dem Evangelium nichts Schöneres zu verkündigen! Stellt sich nur die Frage: Wie erreicht man die erwünschte Aufmerksamkeit?
Natürlich auf Instagram, der Litfaßsäule des 21. Jahrhunderts. Freilich kommt keine Story an die des Erzengels Gabriels heran. Retter der Welt, unbefleckte Empfängnis – da kommt auch der beste Influencer nicht drüber. Also das Kontrastprogramm: Fakten und Belege. Zur Empfängnis-Bekanntgabe posten Promis gerne ihre positiven Schwangerschaftstests oder ein Ultraschallbild. So auch Schauspielerin Rebel Wilson und Influencerin Tanja Makarić. Doch es geht auch anders. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst fasste sich in seiner Social-Media-Nachricht scheinbar kurz: „Philippa bekommt ein Geschwisterchen.“ Okay, in den zwei vorausgehenden Absätzen holte er recht weit aus mit der Beantwortung der sich selbst gestellten Frage, was es bedeutet, ein Kind in diese Welt zu setzen.
Katja Riemann schreibt: „Eine ganz kleine Frau wird da gerade gebacken.“ Und Boris Becker: „Das Beste kommt noch.“
Weniger Worte, mehr Wow – dafür entschied sich die britisch-amerikanische Schauspielerin Sienna Miller und präsentierte kürzlich bei den Fashion Awards stolz ihren Babybauch unter einem weißen Boho-Kleid von Givenchy, eine Art von doppeltem Marketing. Boris Becker hielt es wiederum für eine runde Sache, als er ein Video vom Bauch seiner Frau Lilian hochlud und dazu textete: „Ein kleines Wunder ist auf dem Weg … das Beste kommt noch.“ Man fragte sich, wie das seine vier Kinder aus früheren Beziehungen fanden. Mitunter klingen diese Ankündigungen verdächtig nach Küchenlyrik – etwa im Fall der Schauspielfamilie Riemann. Mutter Katja plauderte im Sommer das Geschlecht des ungeborenen Kindes ihrer Tochter Paula aus: „Eine ganz kleine Frau wird da gerade gebacken.“
Geradezu bodenständig war da der Post des Grünen-Politikers Toni Hofreiter von vergangener Woche. Ein Selfie mit Mona-Lisa-Lächeln, dazu die Worte: „Familienzuwachs. Ich nehme eine kurze Auszeit.“ Er schreibt „Hallo zusammen … ich bin vor Kurzem wieder Vater geworden“ und „werde ich daher mein Arbeitspensum reduzieren.“ Keine kitschige Babypost vom Erzeuger, nur eine freudige Mitteilung. Mehr als zehntausend Likes gabs trotzdem.
