
Fast sechs Jahre nach dem Coronaausbruch
in Deutschland hat der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seine umstrittenen Entscheidungen zur Maskenbeschaffung im Bundestag verteidigt. „Es gab damals keine Blaupause“, sagte Spahn in der Corona-Enquetekommission zur Aufarbeitung der Coronapandemie. Klar sei gewesen: „Es geht um Leben und Tod.“ Die Bilder mit vielen
Toten aus dem italienischen Bergamo, New York oder London „wollten wir
für Deutschland unbedingt vermeiden“. Oberstes Ziel sei die Vermeidung
einer Überlastung des Gesundheitswesens gewesen.
Spahn sagte weiter, die ganze Welt habe in der Pandemie gleichzeitig das Gleiche gewollt, daher habe bei Materialbeschaffungen wie etwa bei Masken das Recht des Stärkeren gegolten. Auch Könige und Staatsoberhäupter hätten sich bei den Anbietern gemeldet. „Da konnte ich
jetzt schlecht auf Referatsebene anrufen lassen.“
Laut Oliver Sievers, Mitglied des Bundesrechnungshofes, kaufte das
Gesundheitsministerium im Frühjahr 2020 für 5,9 Milliarden Euro
insgesamt 5,8 Milliarden Masken, von denen 3,4 Milliarden vernichtet werden mussten. „Wir haben darin eine massive Überbeschaffung
gesehen“, sagte Sievers in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses.
Begleitkosten, etwa für die Lagerung, von circa 510 Millionen Euro seien
dazugekommen, weitere stünden aus. Erneut stellte der Rechnungshof dem
Ministerium für seine damalige Kaufpraxis ein teils schlechtes Zeugnis
aus: „Man kauft nicht ein, wenn Höchstpreise gezahlt werden.“
„Erhebliche Kosten und Risiken“
Unter Spahn war
das Gesundheitsressort laut dem Bericht der zwischenzeitlichen
Sonderbeauftragten Sudhof „gegen den Rat seiner Fachabteilungen“ in
großem Umfang in die Maskenbeschaffung eingestiegen – und habe so „erhebliche Kosten und Risiken“ erzeugt. So steht es im Prüfbericht, den
Sudhof im Auftrag von Spahn-Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) verfasst hatte. Sudhof verwies vor den Abgeordneten auf ihre Erkenntnisse – und bemängelte
aus ihrer Sicht weiter bestehende Missstände. So befinde sich die
Dokumentation aus der Coronazeit „bei einem privaten Akteur und nicht
im Bundesgesundheitsministerium“.
Der Enquetekommission gehören 14 Abgeordnete sowie 14 externe Sachverständige an. Sie sollen interdisziplinär erarbeiten, wie künftige Pandemien besser erkannt und bewältigt werden können. Bis Ende Juni 2027 soll die Kommission einen detaillierten Abschlussbericht mit konkreten Handlungsanweisungen vorlegen.
