Manchester City gegen Crystal Palace: Wehe, Phil Foden explodiert! – Sport

Nachdem sich alle Spieler von Manchester City bereits von ihren Fans verabschiedet hatten, winkte Phil Foden noch seinen Kollegen Gianluigi Donnarumma heran. Dem Spielmacher des englischen Spitzenklubs war aufgefallen, dass ein Junge im Fanblock ein kleines Pappschild hochhielt, auf dem der Wunsch nach einem Trikot des italienischen Torhüters vermerkt war: „Gigio, can I have a shirt, please?“ Foden leitete das Anliegen direkt an Donnaru­mma weiter.

Diese Geste unterstrich Phil Fodens Bedeutung innerhalb der Mannschaft in dieser Saison: Aus dem Jungen, der als erster Spieler in der Abu-Dhabi-Ära von Manchester City trotz etlicher teurer Zugänge aus der eigenen Jugend den Sprung ins Profiteam geschafft hatte, ist mittlerweile das geworden, was man in Deutschland einen Führungsspieler nennt.

Auch beim am Ende zu hoch ausgefallenen 3:0-Sieg gegen Crystal Palace am Sonntag, mit dem sich City für die jüngste FA-Cup-Finalniederlage gegen die Londoner revanchierte, demonstrierte Foden, dass sich sein Team auf ihn verlassen kann. Der Engländer entschied das Premier-League-Spiel mit seinem Tor zum 2:0 (69. Minute) – vor den Augen seines anwesenden Nationaltrainers Thomas Tuchel. Zuvor und danach traf jeweils Sturmkollege Erling Haaland, per Kopf (41.) und per Elfmeter (89.).

Kurz vor dem Strafraum nahm Foden beim 2:0 den Ball zentral an und beförderte ihn dann mit einem satten, präzisen Linksschuss in die rechte untere Ecke. In Strafraumnähe sei Foden „unglaublich“, lobte ihn sein Trainer Pep Guardiola – und er betonte, Foden besitze wie kein anderer die Gabe, „im richtigen Moment diese Explosion zu zeigen“. Guardiola hatte Foden, 25, früh gefördert und ihm bereits mit 17 Jahren das Pflichtspieldebüt für City ermöglicht.

In dieser Form könnte Foden die Bilanz seiner persönlichen Rekordsaison überbieten

Für Foden war es bereits das sechste Tor in den jüngsten vier Ligaspielen, die City allesamt gewonnen und dadurch den Rückstand auf Tabellenführer Arsenal auf zwei Punkte verkürzt hat. Damit erzielte Foden fast die Hälfte der City-Tore in diesem Zeitraum und sprang gewissermaßen für Haaland ein, der in zwei dieser Partien ohne Treffer geblieben war. In dieser Form könnte Foden sogar die Bilanz seiner persönlichen Rekordsaison überbieten: Mit sieben Treffern und zwei Assists hat er aktuell mehr Torbeteiligungen als in seiner bisher erfolgreichsten Spielzeit vor zwei Jahren.

Damals, 2023/24, hatte Foden in Abwesenheit des monatelang verletzten Kevin De Bruyne unter Beweis gestellt, dass er eines Tages in dessen Rolle nachfolgen könnte, er wurde in jener Saison sogar als bester Spieler der Premier League ausgezeichnet. Doch im Anschluss an insgesamt 69 Einsätze für Klub und Nationalelf wirkte Foden in der vergangenen Saison ausgelaugt – wie viele City-Spieler. Foden sprach in dieser Zeit davon, physisch und mental „ausgebrannt“ zu sein. Nun aber scheint er aus den gewaltigen Fußspuren seines Mittelfeldkollegen De Bruyne zu treten, der den Verein im Sommer ablösefrei nach Neapel verlassen hat – und mehr noch: Foden scheint sich eine eigene Identität im Spiel von City aufzubauen.

Sein Einfluss auf die Mannschaft ist ein anderer, als ihn De Bruyne hatte. Der Belgier war ein kreativer Spielgestalter, der insbesondere mit Vorlagen glänzte, während Foden als spielmachender Torjäger agiert. Dieser Unterschied zeigt sich in den persönlichen Statistiken: Foden verzeichnet ein Drittel mehr Tore als Assists, bei De Bruyne war es umgekehrt. Fodens Torgefahr, die in erster Linie auf seiner bemerkenswerten Abschlusstechnik aus der Distanz basiert, brachte ihm den Rufnamen „Sniper“ ein – Scharfschütze. Aufgrund dieser Qualität sieht der England-Coach Tuchel Foden derzeit in der Nationalmannschaft eher als Ergänzung zu Stürmer Harry Kane vom FC Bayern, als sogenannte falsche Neun.

Im Klub unter Guardiola hat der flexible Foden ein anderes Profil: Er spielt meistens auf der halblinken Mittelfeldposition, dadurch ist er verstärkt auch in der Defensive gefordert, was früher nicht zu seinen Stärken zählte. Vor zwei Jahren hatte Guardiola mal moniert, Foden könne sich auf dem Platz „frei wie ein Vogel überall hinbewegen“, er müsse aber auch „einige Pflichten“ erfüllen. Nach dem Palace-Spiel hielt der Trainer nun eine Laudatio auf die Entwicklung des Spielers. Die Arbeit, die Foden diesmal ohne Ball verrichtet habe, sei „einer seiner besten Defensivleistungen überhaupt“ gewesen.

Tatsächlich scheint Foden der Verantwortung gerecht zu werden, die ihm nach dem Weggang erfahrener Stammspieler übertragen wurde. Er gehört aktuell zu den Spielern im Kader, die auf die meisten Einsatzminuten kommen. Trotzdem sieht Guardiola noch Verbesserungspotenzial. Foden habe gegen Palace zu viele Ballverluste gehabt, fand der Chefcoach, er sei bei der Entscheidungsfindung „in Eile“ und „zu ängstlich“ gewesen, müsse den Ball länger halten und mehr kombinieren.

Guardiola übermittelte Foden seine Verbesserungsvorschläge im angeregten Dialog auf dem Rasen. Dass Foden überhaupt noch auf dem Platz weilte, lag daran, dass er eben noch die Sache mit Donnarumma und dem Trikotwunsch klären musste. Er wartete so lange, bis der Keeper das Shirt sicher abgeliefert hatte – und umarmte ihn anschließend.