Ihr feinziselierter Humor lässt schmunzeln, der Sarkasmus, mit dem sie die Unzulänglichkeiten ihrer Charaktere sichtbar macht, sie aber nie zur Schau stellt. Zugleich beeindruckt die scheinbare Leichtigkeit, mit der sie die Geschlechterungerechtigkeit ihrer Zeit an den Pranger stellt, ohne die Etikette zu verletzen.
Sie war eine Frauenrechtlerin avant la lettre, in jedem ihrer Romane thematisiert sie das absurde Erbrecht, das ausschließlich männliche Nachfahren bedenkt und Töchter zwingt, aus rein wirtschaftlichen Gründen zu heiraten. Andere Beschränkungen durch die Etikette – Autorin zu sein, ist unschicklich, eine Frau darf bei öffentlichen Veranstaltungen nur mit einem Mann tanzen, wenn sie einander offiziell vorgestellt wurden – wirken dagegen fast unwesentlich, haben den weiblichen Alltag dennoch dominiert.
Janine Barchas fokussiert in „Jane Austen – Ihr Leben als Graphic Novel“ die zugewiesenen Geschlechterrollen. Klasse, Austens anderes großes Thema, schwingt unweigerlich mit. Die an der University of Texas lehrende Austen-Expertin Barchas erzählt Austens Leben in drei Teilen.
Der erste Teil „Aufstrebende Autorin 1796–1797“ stellt die Familie Austen als sich wertschätzende Gemeinschaft vor, der Umgangston ist liebevoll, Ironie und Sprachwitz ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation. Jane wird als gewitzte, uneitle junge Frau vorgestellt, die schreiben muss. Ihre Schwester Cassandra ist im Malen begabt, sieht sich aber zweifellos als Hobbymalerin.
Eine Frau darf nur mit einem Mann tanzen, wenn sie einander vorgestellt wurden.
Im zweiten, „Erfolglose Künstlerin 1801–1809“ betitelten Teil geht es nicht nur um schriftstellerische Rückschläge – Austen verkauft zwar ein Manuskript an einen Buchhändler, der es aber nicht veröffentlicht –, sondern auch um persönliche. Aus Kostengründen – und auch weil Austens Vater sich wohl doch erhofft, seine unverheirateten Töchter noch unter die rettende Haube zu bringen – zieht die Familie nach Bath. Dort wird sich nicht wohlgefühlt. In Aussicht stehende Erbschaften und die hoffentlich mildtätige Verwandtschaft werden offen diskutiert. Wie in Austens Romanen geschieht dies sachlich und mit Anstand.
Barchas übernimmt nicht nur den Ton der Austen-Romane – Eva Bonné führt in ihrer Übersetzung den Ton der bekannten Austen-Übertragungen von Andrea Ott weiter –, sie fügt vielfach Zitate aus den Romanen und zeitgenössische Begebenheiten und Fakten ein, die entweder direkt im Text oder im detaillierten Glossar erläutert werden.
Janine Barchas, Isabel Greenberg: „Jane Austen – Ihr Leben als Graphic Novel“. Penguin, München 2025. 145 Seiten, 25 Euro
Dass Frank Austen, Janes Bruder, nähen kann und es auch tut, wirft ein Schlaglicht auf das Genderverständnis in der Familie – wenngleich sie ein konventionskonformes Leben führt. Der dritte und letzte Teil beleuchtet die „Veröffentlichte Autorin 1809–1817“ und ihre sorgloseren Jahre in Chawton, die schriftstellerische Erfolge zeitigen.
Geforderte und eingehaltene Konventionen
Verbildlicht werden die leichtfüßig erzählten Episoden aus dem Leben der Familie Austen von der Londoner Illustratorin Isabel Greenberg, die die gestalterischen Möglichkeiten des Mediums Graphic Novel vortrefflich nutzt. Um das in vorgegebenen Bahnen und deshalb eintönige Leben Jane Austens zu veranschaulichen, hat sie sich für eine monochrome gelb-blaue Farbgebung entschieden.
Ausgenommen die Momente, in denen Janes Fantasie sie beflügelt: Sie erscheinen in leuchtendem Rot. Ihre federleichten Zeichnungen entsprechen auch überhaupt nicht gängigen Ideen von weiblicher Anmut. Ihre Gesichter sind eckig und ulkig verschoben, aber immer freundlich und sympathisch. Hiermit verdeutlicht sie auch die Diskrepanz zwischen geforderten und eingehaltenen Konventionen.
Welchen Beitrag Austen dafür geleistet hat, dass die Dinge sich in den vergangenen 200 Jahren doch geändert haben, ist schwer einzuschätzen. Aber bedenkt man, dass auch heutzutage von institutioneller Gleichberechtigung von Männern und Frauen nicht die Rede sein kann, ist Jane Austen aktuell wie zu ihren Lebzeiten.
