Hamburgs SPD-Kultursenator legt seine Lieblingslieder vor, sein Bundes-Amtskollege Wolfram Weimer entdeckt vergangenes ostdeutsches Unrecht.
Er sei „vielleicht kein Resident-DJ in Hamburgs Clubs, dafür aber ein verlässlicher Resident in der deutschen Kulturpolitik“, so verkündete es Ende der Vorwoche, zugegeben, der Newsletter seiner eigenen Behörde. Tatsächlich lässt Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda auch Kolleg:innen jenseits der Landesgrenze gerne mal alt aussehen in Sachen performativer Popkulturkompetenz. Was, nochmal zugegeben, keine wirklich hoch hängende Latte ist.
Allemal besser als der von Markus Söder ist jedenfalls der Musikgeschmack des Sozialdemokraten. Das können mündige Wähler:innen selbst überprüfen, denn Brosda hat seine persönliche Playlist fürs ausgehende Jahr veröffentlicht. Die wird eröffnet von Pulp mit „Grown Ups“, also klassenbewusstem Brit-Pop für, nun, Erwachsene. Dass die Single vom jüngsten Album ganz schön an die späten 90er erinnert, ist kein Makel; dass neu nicht besser heißt, wissen wohl gerade SPD-Follower.
Neben Taylor Swift akustisch und Bruce Springsteen elektrisch finden sich unter den 36 Tracks auch Erdmöbel mit einem Titel, der Fragen aufwerfen muss: Was ist „Museumsladen“, wenn kein Restitutionsdebattenkommentar, drei Jahre nach der Benin-Bronzen-Rückgabevereinbarung?
Mehr Geld für Enteignungsforschung
Ob sie auch etwas zurückgeben sollten und auf welchen Wegen manches Objekt überhaupt ins eigene Depot gelangte: Das können öffentliche und private Kultureinrichtungen und Sammlungen in Zukunft etwas besser unterstützt beforschen. Mit 800.000 Euro zusätzlich fördert das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste im kommenden Jahr solche Recherchen – wenn sie sich, apropos Erdmöbel, auf die Phase der sowjetischen Besatzungszone und der DDR richten.
Zwischen 1945 und 1990 wurden demnach zahlreiche Privateigentümer:innen, Sammler:innen und Kunsthändler:innen sowie Republikflüchtlinge und politische Häftlinge enteignet oder gezwungen, Werke zu verkaufen, auch um Devisen für den klammen Staat einzuspielen. Damit werde „ein weniger bekanntes Kapitel der deutschen Geschichte“ ausgeleuchtet, so am Freitag der Staatsminister für Kultur und Medien, Wolfram Weimer.
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