
Der deutsche Zoll darf den russischen Öltanker Eventin vorläufig nicht einziehen und verwerten. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH). Das Gericht sah „begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einziehungsmaßnahmen“ und bezog sein Verbot auch auf die Ladung.
Die Eventin liegt seit fast einem Jahr manövrierunfähig vor der Küstenstadt Sassnitz auf der Ostseeinsel Rügen. Das Schiff gehört der Laliya Shipping Corporation mit Sitz auf den Marshallinseln. Die Europäische Union listet das Schiff jedoch als Teil der Schattenflotte, mit der Russland Sanktionen umgeht.
Der Tanker war nach dem Ausfall der Bordelektrik im Januar 2025 auf einer Fahrt von Ust-Luga zum Suezkanal vor die Küsten Mecklenburg-Vorpommerns getrieben. Der Zoll hatte die Eventin beschlagnahmt und geplant, den Tanker samt Ladung einzuziehen und zu verwerten. Die Laliya
Shipping Corporation wendete entsprechende Verfügungen in erster Instanz ab. Daraufhin legte das Hauptzollamt Stralsund Beschwerde beim
BFH ein.
Monatelanger Rechtsstreit um die Eventin
Der BFH kam nun zu dem Schluss, dass es rechtlich unklar sei, ob das Schiff nach der Havarie im Januar – also nach einem Notfall – in EU-Gebiet
ein- und auslaufen durfte. Sanktionsregeln der
Europäischen Union verbieten das der Eventin eigentlich; diese spezifizieren jedoch nicht Notlagen. Da die Entscheidung des Bundesfinanzhofs im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erfolgte, könnte die juristische Auseinandersetzung in einem Hauptsacheverfahren weitergehen.
Auch das Gericht der EU beschäftigt der Fall der Eventin. Vor diesem hatte die Eignergesellschaft des Tankers gegen die Entscheidung der Europäischen Union geklagt, das Schiff als Teil der russischen Schattenflotte einzustufen. Diese Schiffe dürfen nicht mehr in Häfen von EU-Staaten
einlaufen und auch nicht mehr von europäischen Unternehmen versichert,
finanziert oder ausgerüstet werden. Derzeit stehen auf der Liste mehr rund 550 Schiffe. Offiziell fährt der Öltanker unter der Flagge Panamas.
Die Laliya Shipping Corporation gab vor dem EU-Gericht an, das Schiff habe „zu keinem
Zeitpunkt beabsichtigt, sanktionierte Ölprodukte in die Europäische
Union zu transportieren“. Die Einfuhr in deutsche Hoheitsgewässer sei
unfreiwillig aufgrund eines technischen Defekts erfolgt und durch das
Recht auf Anlaufen eines Nothafens gedeckt. Auch die maßgebliche
Definition für Schiffe der Schattenflotte passe nicht auf die Eventin.
Laut BFH war der Öltanker auf dem Weg von Russland nach Indien, einem wichtigen Abnehmer
russischen Öls. Gemäß Branchendaten war das Schiff bereits wiederholt zwischen Russland und Indien unterwegs.
