Laut Betriebsrat steht bei Porsche jeder vierte Arbeitsplatz auf dem Spiel – Wirtschaft

Das Weihnachtsfest rückt näher, doch besinnlich ist momentan gar nichts bei Porsche. Noch-Vorstandschef Oliver Blume hatte schon vor Monaten eine neue Sparrunde angestoßen, denn der Konzern steckt in der Krise und musste im dritten Quartal sogar einen Verlust von fast einer Milliarde Euro hinnehmen – so etwas kannten sie in Zuffenhausen lange nicht. Nun aber sieht es ganz danach aus, als würde Blume seinem Nachfolger Michael Leiters, der im Januar den Porsche-Chefposten übernimmt, ein ziemliches Chaos hinterlassen.

Glaubt man dem Betriebsrat, wird der Sportwagenhersteller in Deutschland massiv Personal abbauen. „Der Vorstand hat bisher kein Zukunftsbild für unsere deutschen Porsche-Standorte aufgezeigt, sondern droht mit der Verlagerung von Entwicklung und Produktion in Länder mit deutlich niedrigerem Lohnniveau“, sagte Gesamtbetriebsratschef Ibrahim Aslan nach den Betriebsversammlungen am Stammsitz Zuffenhausen am Dienstag und am Entwicklungszentrum Weissach am Mittwoch. „Damit steht jeder vierte Arbeitsplatz in der Porsche AG auf dem Spiel.“ In Zuffenhausen, Weissach und an mehreren kleineren Standorten beschäftigt Porsche etwa 23 000 Menschen, rechnerisch könnten also um die 5750 Jobs zur Disposition stehen.

Der Vorstand soll die Verlagerung ganzer Modellreihen planen

Die Abbauzahlen, die Aslan nennt, wollte der Konzern am Mittwoch nicht offiziell kommentieren. Ein Sprecher hatte vergangene Woche erklärt, die Automobilindustrie stehe vor immensen Herausforderungen und die Wettbewerbsfähigkeit entscheide über die Zukunft von Porsche. „Dafür müssen wir in allen Bereichen anpacken. Angesichts der veränderten Rahmenbedingungen sind erhebliche Kostenoptimierungen zwingend erforderlich.“ Darüber spreche man mit der Arbeitnehmerseite im Rahmen eines zweiten Zukunftspakets – „weiterhin vertraulich“.

Zuletzt hatten Unternehmensvertreter immer wieder betont, dass man mit den Arbeitnehmervertretern darüber verhandeln wolle, die Personalkosten zu senken. Wie viel Geld eingespart werden sollte, sagten sie nicht. Erst Anfang des Jahres hatte sich die Konzernführung mit dem Betriebsrat auf das erste Sparpaket geeinigt: Es sieht vor, dass in der Region Stuttgart bis 2029 insgesamt 1900 Jobs abgebaut werden – sozialverträglich, also etwa über Altersteilzeit und Abfindungen. Außerdem laufen die Verträge von rund 2000 befristet Angestellten aus. Bei Porsche gilt noch eine Beschäftigungssicherung bis Mitte 2030. Liefe sie aus, wären auch betriebsbedingte Kündigungen möglich.

Der Vorstand hat nun dem Vernehmen nach vor, ganze Betriebsteile und Modellreihen auszulagern. Unter Berufung auf eine ihr vorliegende Auflistung hatte die Stuttgarter Zeitung berichtet, dass Einmalzahlungen und Jubiläumsleistungen gestrichen und bei der Altersvorsorge gekürzt werden solle. Auch sei ein „Personalabbau“ oder eine „externe Verlagerung von Dienstleistungsumfängen“ geplant, und eine „Reduzierung der Azubi-Zahlen“.

Die Arbeitnehmervertreter geben sich kämpferisch

Mit Blick auf die Forderungen des Vorstands sagte Betriebsratschef Aslan der Deutschen Presse-Agentur: „Ich bin kein Weihnachtsmann, der Wünsche erfüllt.“ Aslan will eine neue Beschäftigungssicherung bis mindestens 2035 durchsetzen. „Die Zukunft der Kolleginnen und Kollegen ist wichtiger als die reine Erhöhung des Profits. Dafür sind Investitionen in unsere Standorte notwendig.“ Die Belegschaft sei verunsichert und unzufrieden.

Hinter Porsche liegt ein turbulentes Jahr. Der Konzern verkauft immer weniger Autos und hat erst im Herbst einen Strategieschwenk verkündet: Die ambitionierten Elektro-Ziele wurden kassiert, stattdessen sollte wieder mehr in den Verbrennermotor investiert werden. Das Hin und Her kostet den Konzern Milliarden – und belastet die Bilanz: Um 96 Prozent ist der Gewinn in den ersten drei Quartalen dieses Jahres geschmolzen, verglichen mit dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Im September flog Porsche dann aus dem DAX. Auch wurde der Vorstand in diesem Jahr mehrfach umgebaut. Wenn Anfang 2026 Michael Leiters den Vorstandsvorsitz übernimmt, wird er erst mal versuchen müssen, das ganze Chaos zu ordnen.