Debütfilm „15 Liebesbeweise“: Sie hat schlicht keine Wahl

Im Jahr 2013, François Hollande ist seit einem Jahr Präsident und sein Amtsvorgänger noch ohne Fußfessel unterwegs, verabschiedet die französische Nationalversammlung einen Gesetzentwurf zur gleichgeschlechtlichen Ehe. Er erlaubt gleichgeschlechtlichen Paaren zu heiraten und ein Kind zu adoptieren.

Der Abstimmung über das “Taubira”-Gesetz waren heftige Debatten, tausende Entwurfsänderungen sowie Großdemonstrationen in Paris und anderen Städten vorausgegangen. Dabei brachten Be­für­wor­te­r:in­nen wie Geg­ne­r:in­nen ihre Haltung zur mariage pour tous gleichermaßen engagiert auf die Straßen.

Vor diesem Hintergrund, im Frühjahr 2014, setzt die Handlung von „15 Liebesbeweise“ ein, dem Debütfilm von Alice Douard. Er erzählt die Geschichte von Céline und Nadia. Die beiden sind ein Paar, verheiratet und sie erwarten ein Kind, Nadia ist schwanger. Damit auch Céline als rechtmäßige Mutter des Babys gilt, muss sie es adoptieren. Dazu müssen vor Gericht 15 Schreiben aus dem engeren Umfeld des Paares vorgelegt werden. Die titelgebenden Liebesbeweise sollen Célines Eignung als Mutter bezeugen.

Das ist fiktionalisierte Realität, falls sich jemand wundert, die Regisseurin hat den Prozess selbst durchlaufen. „Fragen Sie dafür nicht nur Ihre lesbischen Freundinnen“, mahnt die Anwältin im Film, die für die Beratung einen Scheck über 2.500 Euro entgegennimmt und nicht in Verdacht steht, es herablassend zu meinen. Zuvor hatte sie Céline als Pionierin bezeichnet und dazu ermuntert, Nadia „meine Frau“ zu nennen. Man hätte schließlich dafür gekämpft.

Der Film

„15 Liebesbeweise“. Regie: Alice Douard. Mit: Ella Rumpf, Monia Chokri u.a. Frankreich 2025, 97 Min.

Die Verabschiedung des Gesetzes ist die Prämisse, unter der „15 Liebesbeweise“ steht. Die großen gesellschaftlichen Konfliktlinien lässt der Film jedoch weitgehend hinter sich und zeigt uns lieber das Porträt einer Frau, nämlich Céline, die nach ihrer Rolle in der noch ungewohnten Situation sucht. Dieser Entwicklung beizuwohnen, ist schön, manchmal lustig und sehr nahbar, ganz gleich, wer oder was man ist, ob man nun Kinder hat oder Kanarienvögel.

Elternwerden bringt universelle Herausforderungen

Douard lässt die Schauspielerinnen Ella Rumpf und Monia Chokri aus Céline und Nadia zwei Persönlichkeiten machen, die das Elternwerden vor ziemlich universelle Herausforderungen stellt. Und ihre Beziehungsdynamik auf die Probe. „Du machst Party, während meine BHs und Adern explodieren“, wirft Nadia Céline vor, die als DJ und Tontechnikerin oft dann arbeitet, wenn ihre Frau gerade schläft. Manchen Vätern im Kino dürfte es vertraut vorkommen.

Als dramaturgischer Rahmen dienen die fortschreitende Schwangerschaft und das Beschaffen der Liebesbeweise. Was eigentlich ein demütigender Vorgang ist, wird ohne heiligen Ernst oder Empörung gezeigt. Céline hat schlicht keine Wahl, und so, wie Douard selbst das akzeptieren musste, tut es ihr Film. Dadurch kommt die Protagonistin der eigenen Mutter näher und eine weitere Beziehung gerät in Bewegung.

Auch das Verhältnis zu den eigenen Eltern verändert sich, wenn man die Erfahrung von Elternschaft eines schönen Tages mit ihnen teilt. In diesem Fall mit einer ketterauchenden Starpianistin mit Beethoven-Gedenkfrisur, die die eigene Mutterrolle der Karriere zuliebe recht egoistisch ausgelegt hat.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden,
ob Sie dieses Element auch sehen wollen:


So zeigt „15 Liebesbeweise“ nicht nur am Beispiel seiner Hauptfiguren und auf fast beiläufige Art, wie vielfältig Mutterschaft interpretiert werden kann. Seine implizite, ruhige Erzählweise mögen manche als zahm empfinden. Dabei könnte man sie auch als Ausdruck einer Zeit lesen, in der man das Kämpfen hinter sich lassen und relativ unbeschwert leben darf. Offen bleibt in jedem Fall, ob die nächste Regierung aus dieser Geschichte historischen Stoff macht.