Es ist ein hartes Ringen, das schon seit mehreren Wochen läuft. Jetzt ist der Bieterstreit vorerst entschieden. Der Streaming-Weltmarktführer Netflix will die Kontrolle bei Warner Brothers übernehmen, einem der wertvollsten und ältesten Hollywood-Studios. Der Preis ist beeindruckend: 72 Milliarden US-Dollar. Die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden steht aber noch aus.
Fest steht: Netflix würde mit dem Zukauf noch größer und mächtiger werden, und hätte noch mehr Zugriff auf attraktive Inhalte. Der Streamingkonzern bekommt mit dem Zukauf unter anderem Heldengeschichten wie die von Batman, Harry Potter und Superman sowie zahlreiche Serien von „Game of Thrones“ bis zu „Die Sopranos“. Zugleich wäre der Dienst dann auch im Kinogeschäft aktiv – bisher lehnte Netflix es stets ab, seine Filme groß in Kinos zu bringen und konzentrierte sich auf Streaming. Bisher tätigte Netflix auch keine Übernahmen in dieser Größenordnung. Nun ist alles anders.
„Gemeinsam können wir den Zuschauern mehr von dem geben, was sie lieben, und das nächste Jahrhundert des Geschichtenerzählens mitgestalten“, schwärmte Netflix-Co-Chef Ted Sarandos nach der Verkündung der Pläne am Freitag. Und er schob dann noch einen Satz nach: „Unsere Mission war es schon immer, die Welt zu unterhalten.“

Netflix wurde bereits 1997 als Online-Videothek gegründet, erfand sich dann aber immer wieder neu und ist inzwischen weltweit erfolgreich. „Die heutige Ankündigung vereint zwei der weltweit führenden Unternehmen im Bereich Storytelling, um noch mehr Menschen die Unterhaltung zu bieten, die sie am liebsten sehen“, sagte David Zaslav, der Präsident von Warner Brothers Discovery, mit. Warner Brothers gibt es seit den 1920er-Jahren.
Die Übernahme dürfte jedoch in Europa und den USA auf starken kartellrechtlichen Widerstand stoßen. Denn Netflix würde mit der Übernahme auch Eigentümer eines großen Konkurrenten, nämlich der Warner-Tochter HBO Max mit fast 130 Millionen Abonnenten. Netflix wolle Warner eine Vertragsstrafe von mehr als fünf Milliarden Dollar zahlen, falls der Deal am Widerstand von Wettbewerbshütern scheitern sollte, hieß es in den USA.

Warner Brothers hatte sich im Oktober offiziell zum Verkauf gestellt, nachdem mehrere Übernahmeangebote eingegangen waren. Zum Konzern gehören neben den Hollywood-Studios und dem Streamingdienst HBO Max auch mehrere Fernsehsender wie CNN und TNT, die aber zuvor womöglich noch abgespalten werden sollen. Als härtester Konkurrent von Netflix im Bieter-Wettstreit galt bislang Paramount. Der alte Hollywood-Konkurrent von Warner Brothers wurde erst kürzlich selbst vom milliardenschweren Filmproduzenten David Ellison und dessen Familie übernommen.
Der Übernahme-Deal hat so auch eine politische Dimension. Paramount wurde hauptsächlich mit dem Geld des Vaters von David Ellison gekauft – das ist der Software-Unternehmer Larry Ellison, der das Unternehmen Oracle gegründet hat und als Unterstützer von US-Präsident Donald Trump bekannt ist. Nach der Übernahme gab es Änderungen in der Nachrichtenredaktion des Paramount-Senders CBS. In den USA wurde in den vergangenen Wochen immer wieder die Frage aufgeworfen, ob auch der Nachrichtensender CNN, der oft kritisch über die Trump-Regierung berichtet, im Besitz der Ellison-Familie einen anderen Ton einschlagen würde. Dazu kommt es nun aber erstmal nicht.

Larry Ellison gilt nach Elon Musk als einer der reichsten US-Unternehmer. Zuletzt hatte sich Paramount auch die Fernsehrechte an der europäischen Fußball-Champions-League gesichert, vor allem in Deutschland und in Großbritannien. Dort sollen die meisten Spiele dann von Mitte 2027 an beim Streamingdienst Paramount + laufen, der bisher in Deutschland noch nicht über eine nennenswerte Abonnentenzahl verfügt.
Netflix hatte Ende 2024 mehr als 300 Millionen zahlende Kunden weltweit und ist damit der größte Streamingdienst. Neue Abonnentenzahlen werden nicht mehr mitgeteilt. Auch in Deutschland und Europa sind die Amerikaner führend und machen auch den Privatsendern RTL und Pro Sieben Sat 1 heftige Konkurrenz. Beide mussten zuletzt Sparprogramme und einen Abbau von Jobs verkünden.
Sollte die Übernahme von Warner Brothers wirklich durchgehen, würde Netflix seine Marktposition weiter ausbauen – zum Nachteil von Konkurrenzanbietern wie Amazon Prime und Disney+. Im Streaminggeschäft kommt es vor allem auf attraktive Inhalte an, und hier würde sich Netflix durch die Übernahme nun den Zugriff auf neue Programme sichern. Zudem sollen Kosten gespart werden. Netflix kam 2024 auf einen Umsatz von 39 Milliarden Dollar, Warner Brothers lag in einer ähnlichen Größenordnung.
