
Der Bundestag hat ein weiteres Gesetzespaket zur Verschärfung der Migrationspolitik verabschiedet. 457 Abgeordnete stimmten dafür, 130 dagegen. Künftig kann die Bundesregierung sichere Herkunftsstaaten ohne Zustimmung des Bundesrats per Rechtsverordnung festlegen. Die Neuregelung gilt für Verfahren nach der Genfer Flüchtlingskonvention und den subsidiären Schutz, nicht jedoch für Asylgesuche.
Die Bundesregierung erwartet von der Regelung schnellere Verfahren, weil Anträge aus sicheren Herkunftsländern pauschal als „offensichtlich unbegründet“ zurückgewiesen werden können. Als sichere Herkunftsstaaten gelten Länder, in denen laut Gesetz keine politische Verfolgung zu befürchten ist.
Betroffene aus diesen Ländern müssen ihre Verfolgung einzeln nachweisen. Jede Person, die eine konkrete Verfolgung darlegen könne, erhalte
weiterhin Schutz, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Fiedler.
Grüne bezeichnen Gesetz als verfassungswidrig
Allerdings will die Bundesregierung mit der Maßnahme nach eigenen Angaben ein Signal senden, dass Schutzgesuche aus entsprechenden Ländern in Deutschland kaum Aussicht auf Erfolg haben. Mit dem Bundestagsbeschluss „geht der Politikwechsel in der
Migrationspolitik weiter“, teilte der innenpolitische Sprecher der
Unions-Bundestagsfraktion, Alexander Throm (CDU), mit. Er kündigte die
Einstufung von Algerien, Indien, Marokko und Tunesien als sichere
Herkunftsländer an.
Neben den Abgeordneten von SPD und CDU/CSU unterstützte auch die AfD den Entwurf. Die Abgeordneten der Grünen und der Linkspartei stimmten mehrheitlich dagegen. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, sprach von Asylverfahren zweiter Klasse. Filiz Polat von den Grünen bezeichnete das Gesetz als verfassungswidrig.
Kritik von Anwaltverein und Bundesrechtsanwaltskammer
Mit dem Gesetz entfällt zudem die erst 2024 eingeführte Pflicht,
Menschen in Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam einen Rechtsbeistand
zur Seite zu stellen.
Der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsanwaltskammer kritisierten die Rücknahme deutlich. „Freiheitsentzug ist eine der schwersten Grundrechtseingriffe“, teilte der Anwaltverein mit. Noch immer seien mehr als die Hälfte der Inhaftierungen rechtswidrig, der Staat müsse sich hier eine besonders sorgfältige Prüfung gefallen lassen. Nach Auskunft von Fiedler werde es in „schwierigen“ Fällen weiterhin Rechtsbeistand geben.
Der Verein Pro Asyl sprach von zwei sehr problematischen Regelungen. Mit der Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten per Rechtsverordnung werde ein Gesetzgebungsprozess umgangen, der verfassungsrechtlich vorgesehen sei, kritisierte die rechtspolitische Sprecherin Wiebke Judith. Die Abschaffung des Pflichtanwalts in der Abschiebehaft leiste einer „massenhaften rechtswidrigen Abschiebungshaft“ Vorschub.
Verschärfung bei der Einbürgerung
Teil des Gesetzes ist daneben auch eine Verschärfung bei der Einbürgerung. Wer im Einbürgerungsverfahren täuscht, droht, besticht oder vorsätzlich unvollständige oder falsche Angaben zu wesentlichen Voraussetzungen macht, soll für zehn Jahre von einer erneuten Einbürgerung ausgeschlossen werden. Mit der Regelung reagiert die Bundesregierung auf Ermittlungen wegen des Handels mit gefälschten Sprachzertifikaten in mehreren Bundesländern.
Wer im Verfahren zu täuschen versuche, habe „den deutschen Pass nicht verdient“, sagte Throm. Die Regelung wurde nach Beratungen im
Innenausschuss in den Gesetzentwurf aufgenommen.
