Teilnahme am ESC: Israel ist nicht Russland

Die Vorstellung, man könne große Kulturveranstaltungen frei von Politik halten, hat sich schon oft als weltfremd erwiesen. Bei einem Musikfest wie dem Eurovision Song Contest, das als Nationenkonkurrenz konzipiert ist, geht die Frage, wer teilnehmen darf, von vornherein über den individuellen Künstler hinaus. Sie musste auch fürs kommende Jahr beantwortet werden, und die Entscheidung für Israel ist richtig.

Schaut man sich die Länder an, die den ESC in Wien nun boykottieren wollen, dann fällt zweierlei auf. Zum einen sind es im Wesentlichen Staaten, deren Regierungen auch in der EU israelkritisch auftreten. Von einer Unabhängigkeit dieser Rundfunkanstalten kann also kaum gesprochen werden. Sie folgen der politischen Linie in ihren Gesellschaften.

Die aktuelle Lage wird vorgeschoben

Das tun sie allerdings mit dünnen Argumenten, was die andere Auffälligkeit ist. Der spanische Sender führt „die In­stru­men­ta­li­sierung des Wettbewerbs für politische Zwecke durch Israel“ an. Und was macht er selbst? Der irische Sender spricht vom „entsetzlichen Verlust von Menschenleben in Gaza und der humanitären Krise dort“. Haben diese Leute mitbekommen, dass der Krieg weitgehend vorbei ist und die Hilfslieferungen wiederaufgenommen wurden? Wann dürfte Israel nach dieser Auffassung teilnehmen?

Der Verdacht liegt nahe, dass die aktuelle Lage vorgeschoben wird und dass sich hier eine tiefer reichende Ablehnung Israels offenbart, womöglich auch des Judentums, so wie das seit dem 7. Oktober 2023 zu oft der Fall ist in Europa.

Vor allem ging es hier um eine rein symbolische Frage. Wäre Israel ausgeschlossen worden, dann hätte das nicht die geringste Auswirkung auf den an Komplexität nicht zu überbietenden Nahostkonflikt gehabt. Es wäre ein Signal gewesen, dass Europas Rundfunkanstalten die einzige Demokratie des Nahen Ostens auf eine Stufe stellen mit Russland, das seit dem Überfall auf die Ukraine nicht mehr am ESC teilnehmen darf.

Israels Vorgehen in Gaza und anderswo kann man im Einzelnen kritisieren, aber das Land verteidigt sich gegen Angriffe, die auf seine Vernichtung abzielen; seine Bürger können in freien Wahlen darüber entscheiden, wie es das tut. Dass es in Europa öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten gibt, denen dieser Unterschied nicht bewusst oder egal ist, ist das wahre Problem.