

Das erste Geschenk machte Donald Trump sich selbst schon vor dem Eintreffen der beiden afrikanischen Präsidenten in Washington. Das Außenministerium gab bekannt, man habe das vom Kongress gegründete Friedensinstitut, das Trump im Frühjahr per Dekret abbauen wollte, nach dem amerikanischen Präsidenten benannt. Damit ehre man den „größten Verhandlungsführer in der Geschichte unserer Nation“. Keine vierundzwanzig Stunden später empfing Trump dort den kongolesischen Präsidenten Félix Tshisekedi und den ruandischen Präsidenten Paul Kagame, um die symbolische Unterzeichnung eines Friedensabkommens zwischen beiden Ländern zu feiern.
In seiner eigenwilligen Art, Politik zu machen, hob Trump in einer Ansprache hervor, wie gut Tshisekedi und Kagame sich hinter der Bühne verstanden hätten. Die beiden Männer hätten sich umarmt und an den Händen gehalten. „Schaut sie euch an“, rief er, „sie lieben sich.“ Es gab Gelächter aus dem Publikum. Doch zu einem öffentlichen Handschlag kam es nicht.
Noch bis vor kurzem war nicht sicher gewesen, ob es überhaupt zu der Begegnung der verfeindeten Präsidenten in Washington kommen würde. Nachdem die Außenminister von Ruanda und Kongo das Friedensabkommen im Juni unterzeichnet hatten, sollte die Unterschrift der Präsidenten binnen weniger Wochen folgen. Doch der Termin wurde immer wieder verschoben, und es dauerte schließlich ein halbes Jahr.
„Alte Wunden heilen“
Trump sprach am Donnerstag von einer „Ära der Harmonie“, die die beiden „mutigen Anführer“ mit dem Friedensabkommen einleiteten. Mit Hilfe der „Washington Accords“ werde man Jahrzehnte des Kriegs beenden, alte Wunden heilen und Differenzen überwinden. „Wir waren erfolgreich, wo so viele versagt haben“, hob der amerikanische Präsident hervor, der das Abkommen als achten Frieden bezeichnet, den er seit seinem Amtsantritt im Januar vermittelt habe.
Die Vereinigten Staaten haben neben dem Rahmenvertrag für einen Frieden bilaterale Wirtschaftsabkommen mit beiden Ländern ausgehandelt, die Washington unter anderem Zugriff auf kritische Rohstoffe wie Kobald und Lithium garantiert. „Alle werden eine Menge Geld verdienen“, sagte Trump am Donnerstag, bevor er an Kagame übergab und den Namen des ruandischen Präsidenten dabei falsch aussprach.
Kagame dankte Trump und sprach ihn von jeder Verantwortung frei, sollte der Frieden scheitern. Das Abkommen biete alles, „um den Konflikt ein für alle Mal zu beenden“, auch wenn es in dem Prozess sicher Höhen und Tiefen geben werde. „Ruanda, wir werden nicht versagen“, sagte Kagame an seine Landsleute gewandt, doch er richtete keine direkten Worte an Präsident Tshisekedi oder die Kongolesen.
Tshisekedi fordert Aufrichtigkeit beider Länder
Der kongolesische Präsident, in dessen Land der Krieg stattfindet, fand am Donnerstag dringlichere Worte. Das Abkommen sei nicht nur ein weiteres Dokument, sondern ein „Wendepunkt“. Es biete eine Grundlage, um den Teufelskreis aus Gewalt, Vertreibung und Misstrauen zu beenden. Er hoffe auf eine „neue Zeit der Freundschaft, Kooperation und des Wohlstands“. Dann richtete Tshisekedi sich zumindest indirekt an die Regierung des Nachbarlandes: Man selbst werde die Vereinbarungen mit voller Aufrichtigkeit in die Tat umsetzen und erhoffe sich dasselbe von Ruanda. Der neue Weg sei herausfordernd und er bleibe wachsam, „aber nicht pessimistisch, sondern entschlossen optimistisch“.
Dass die beiden afrikanischen Präsidenten am Donnerstag auf einer Bühne in Washington nebeneinandersaßen, darf schon als Erfolg gewertet werden. Es ist noch nicht lange her, da verglich Tshisekedi Kagame im Wahlkampf mit Hitler. Und Kagame nutzte umgekehrt jede Gelegenheit, um über die Regierung des riesigen rohstoffreichen Nachbarlandes herzuziehen. Echte freundschaftliche Beziehungen und ein Frieden in Ostkongo, die diese Bezeichnung verdienen, liegen trotz des formalen Rahmenvertrags noch in weiter Ferne.
Kagame hatte die Erwartungen kurz vor der Begegnung in Washington gedämpft: Ein dauerhafter Frieden in Ostkongo erfordere echte Bereitschaft von beiden Seiten. „Einige dieser Prozesse werden nicht funktionieren, nur weil wir uns in Washington treffen oder die mächtigen Vereinigten Staaten involviert sind.“ Tshisekedi wiederum warf Kagame vor, ihm 2022 „in den Rücken gefallen zu sein“, weil er die M23-Rebellen unterstützt habe. Er hob abermals hervor, ein Frieden werde nur möglich sein, wenn die Rebellen sich zurückzögen.
Die Kämpfe zwischen der kongolesischen Armee und der M23 – der Name bezieht sich auf ein Friedensabkommen vom 23. März 2009 – halten dieser Tage an. Beide Seiten warfen sich in den vergangenen Wochen vor, die Waffenstillstandsvereinbarung gebrochen zu haben. Zwischen der M23 und der kongolesischen Regierung wird derzeit in einem separaten Prozess über ein Friedensabkommen verhandelt, das von Qatar vermittelt wird.
Abermalige Eskalation in diesem Jahr
Der Konflikt zwischen Kongo und seinem Nachbarn reicht bis zum Völkermord in Ruanda 1994 zurück. Abgesehen von einer kurzen Entspannungsphase unmittelbar nach Tshisekedis erster Wahl zum Präsidenten sind die Regierungen der beiden Staaten verfeindet – ebenso wie große Teile der Bevölkerung. Zu Beginn dieses Jahres eskalierte der Konflikt abermals: In kürzester Zeit brachten die M23-Rebellen weite Teile Ostkongos einschließlich der Provinzhauptstädte Goma und Bukavu unter ihre Kontrolle.
Kongo wirft Ruanda vor, die M23 zu unterstützen und mit mehreren Tausend Soldaten auf kongolesisches Territorium vorgedrungen zu sein. Ruanda bestreitet, mit der M23 zusammenzuarbeiten, und begründet die Entsendung von Soldaten mit der Sicherheit der eigenen Bevölkerung angesichts der mehr als hundert bewaffneten Rebellengruppen jenseits der Grenze. Als größte Bedrohung nennt die ruandische Regierung die Demokratischen Kräfte für Ruandas Befreiung (FDLR), eine Hutu-Miliz. Angehörige dieser Bevölkerungsgruppe hatten 1994 mehr als 800.000 Tutsi umgebracht.
Der Rückzug der M23-Rebellen aus den besetzten Gebieten ist denn auch der wohl schwierigste Punkt in dem Abkommen. Respekt vor staatlicher Souveränität und die territoriale Integrität seien nicht verhandelbar, sagte eine Sprecherin Tshisekedis vor dem Treffen in Washington. Der Abzug müsse ohne „jegliche Vermischung oder Integration“ vollzogen werden, das bedeutet, die Rebellen sollen nicht in die Armee übernommen werden. Ein solcher Versuch hatte sich 2009 als verhängnisvoll erwiesen und letztlich zur Rebellion der M23 geführt. Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass die Gruppe bereit ist, sich zurückzuziehen. In den besetzten Gebieten haben die Rebellen vielmehr eine volle Verwaltung mit Polizei, Bürgermeistern, Gouverneuren und Grenzbeamten aufgebaut.
Ungeachtet der Hürden betrachteten viele Menschen in Ostkongo das Friedensabkommen in Washington als Schritt in die richtige Richtung, sagte Ursula Langkamp, die Landesdirektorin der Welthungerhilfe in Kongo mit Sitz in Goma, der F.A.Z. Allerdings würden die Verhandlungen zwischen der M23 und der kongolesischen Regierung in Doha als wichtiger erachtet. Große Sorge herrsche darüber, wie die von den Verhandlungen ausgeschlossenen bewaffneten Gruppen in Ostkongo reagieren, besonders die Milizen, welche die kongolesischen Streitkräfte im Kampf gegen die M23 unterstützt hatten.
Ohne Mitsprache in den Verhandlungen in Washington und Doha, ohne finanzielle Entschädigung und Perspektiven könnten sie abermals zu den Waffen greifen; Überfälle und kriminelle Aktivitäten dieser Gruppen mehren sich nach Aussage Langkamps bereits, während die Lage in den besetzten Städten Goma und Bukavu seit mehreren Monaten ruhig ist. Die Frustration dieser Gruppen stelle „ein Sicherheitsrisiko dar, das sich derzeit schwer einschätzen lässt“, sagt die Landesdirektorin der Welthungerhilfe. Dass sich die Trump-Regierung in diesem Konflikt engagiere, werde in Ostkongo positiv gesehen. Man nehme aber wahr, dass eigene wirtschaftliche Interessen Washingtons dabei im Vordergrund stünden.
