Fünf Tore, keins aus dem Spiel, zwei ins falsche Tor – Union Berlin und Bayern München haben sich im DFB-Pokal ein Achtelfinale voller Kuriositäten geliefert. Mit dem Rekordmeister als glücklichem Sieger.
Nachdem den Gastgebern zwei Eigentore durch Ilyas Ansah (12. Minute) sowie Diogo Leite (45.) unterliefen und Harry Kane nach einem Torwartfehler traf (24.), gewannen die Bayern mit 3:2 (2:1), Unions Leopold Querfeld verwandelte zwei Strafstöße (40./55.). „Es war insgesamt ein sehr gutes Fußballspiel, das begeistert. Am Ende sind wir enttäuscht, keiner von uns mag Glückwünsche für ein verlorenes Spiel“, sagte Berlins Trainer Steffen Baumgart im Sportschau-Interview.
Vor der Partie hatte sich sein Sieg-Rezept ziemlich simpel, wenn auch anstrengend angehört. „Laufen, laufen, laufen“, sagte der Union-Trainer im „ZDF“ darüber, was es braucht, um die Überraschung gegen den FC Bayern zu schaffen, der 25 Tage zuvor beim 2:2 in der Bundesliga schon große Probleme an der Alten Försterei hatte. Und auch die Statistik spricht dafür, denn die Münchner haben in dieser Saison dann Punkte liegen gelassen, wenn sie weniger als ihre Gegner gelaufen waren.
Union rennt, aber schadet sich selbst
Baumgart sprach und seine Mannschaft setzte das um. Die Gastgeber pressten den Rekordmeister, machten es wie in der Bundesliga, als die „Eisernen“ so viel Druck ausübten, dass sie sogar zweimal in Führung gegangen waren, ehe Kane den Bayern in der 90. Minute immerhin noch einen Punkt bescherte. Der Favorit hatte auch diesmal Schwierigkeiten mit der enormen Lauf- und Angriffslust, Union machte aus hohen Ballgewinnen aber zu wenig.
Und dann machten die Berliner selbst ihre Bemühungen zunichte. Joshua Kimmich brachte einen Eckball in die Mitte, bei dem sich Torhüter Frederik Rönnow verschätzte und mit seinem Flug ins Leere Ansah die Sicht nahm, sodass der Ball von dessen Oberschenkel ins eigene Tor prallte (12.). Diese Aktion war nicht nur wegen der Führung ein Segen für München, auch das Spiel kippte danach in die Richtung der Gäste.
Rönnow patzt wieder, Querfeld macht’s wieder spannend
Das Entscheidende fiel an der Eckfahne vor dem Union-Block und hatte weiter viel mit Rönnow zu tun. Mit einem Querschläger verschuldete der Däne die zweite bayrische Ecke, die wieder Kimmich in die Mitte brachte und die diesmal genau auf dem Kopf von Kane landete, der München das 2:0 bescherte (24.). Was dieses Ecken-Doppel noch ärgerlicher machte: In der Bundesliga hatte Union gegen den 1. FC Heidenheim aus einer solchen Situation in der Schlussminute den Gegentreffer zur 1:2-Niederlage kassiert.
Andras Schäfer wäre es unmittelbar nach dem zweiten Ecken-Gegentor des Tages gelungen, die Berliner Hoffnungen zurückzuholen, sein Linksschuss aus 17 Metern zischte aber ganz knapp am Winkel des Tores von Manuel Neuer vorbei (25.). Der Anschlusstreffer fiel dennoch in der 40. Minute – und wieder aus einem ruhenden Ball. Nach einem langen Einwurf sprang Jonathan Tah die Kugel an den Arm und es gab Elfmeter – den verwandelte Querfeld kompromisslos mit dem Vollspann zum 1:2.
FC Bayern mit 500-prozentiger Chancenverwertung
Doch mit diesem Spielstand ging es nicht in die Kabine – weil Union nochmal auf der falschen Seite zuschlug. Bei einer Freistoßflanke flog Rönnow wieder falsch, diesmal lag es aber daran, dass Leite den Ball vor ihm über seinen Kopf zum zweiten Berliner Eigentor rutschen ließ (45.+4). „Heute war im spielerischen Bereich wenig möglich, es war viel Kampf und es ist schon verrückt, auf so einem Niveau auf so einem Rasen zu spielen. Da waren diesml andere Dinge gefragt“, sagte Kimmich nach dem Spiel im Sportschau-Interview.
So oft hatten die Bayern in dieser Saison begeistert, diesmal reichten dem Team von Trainer Vincent Kompany die ganz einfachen Dinge des Fußballs. Auch die Statistiken zeigten, dass die Bayern im bisherigen Verlauf des Abends nicht viel benötigten, weil sie viel Mithilfe bekamen. Zur Halbzeit lag Union mit 9:4 Torschüssen vorne, bei den Expected Goals sogar mit 1,14:0,60 – München erzielte also das Fünffache der Torwahrscheinlichkeit ihrer (wenigen) Chancen. Dank der beiden Union-Eigentore.
Kane ermöglicht Querfeld den Elfer-Doppelpack
Doch auch der FC Bayern war an diesem Abend in Geberlaune. Als wieder ein ungefährlicher Ball in den eigenen Strafraum segelte, schlug Kane seinen Ellbogen ins Gesicht von Leite, zum zweiten Mal gab es zu Recht Elfmeter für die Gastgeber – warum die Bayern sich in epischer Breite darüber beklagten, war unverständlich. Querfeld beeindruckten diese Proteste überhaupt nicht, diesmal guckte er Neuer aus und schob den Ball ganz ruhig ins Tor (55.).
Die Partie ging so seltsam wie in der ersten Halbzeit weiter, aus dem Spiel passierte fast gar nichts. Dann hatte Kane aber mal einen guten Moment aus dem laufenden Betrieb, Rönnow jedoch auch – nach seinen unsicheren Aktionen zeigte er beim Schuss des Engländers von der Strafraumkante mal seine Klasse (62.). Ansonsten stresste Union die Bayern wieder mit „laufen, laufen, laufen“, das Spiel war völlig offen.
Querfeld verpasst den Ausgleich und Dreierpack ganz knapp
Und beinahe wäre es auch ausgeglichen gewesen, Neuer reagierte nach einem Schuss von Schäfer allerdings stark im kurzen Eck (70.). Diese Aktion war auch die Folge dessen, dass das Baumgart-Team immer stärker wurde und die Bayern ungewöhnlich viele Fehler machten. Dennoch hatte Luis Diaz die ganz große Chance auf die Vorentscheidung, Rönnow hielt aber und hinter ihm klärte Leite endgültig (74.).
Die Endphase war hochspannend, die Stimmung an der Alten Försterei kochte, aber Union gelang der Ausgleich nicht mehr – weil Querfeld bei einem Kopfball nur ganz wenige Zentimeter fehlten, der Ball könnte sogar den Pfosten noch gestreift haben (86.). So überstand der FC Bayern einen Abend, der an die ARD-Show „Pleiten, Pech und Pannen“ erinnerte, und hat weiter die Chance, erstmals seit 2020 das Finale im DFB-Pokal zu erreichen.
Vorerst geht es für München aber zurück in den Liga-Alltag, am Samstagnachmittag kommt es zum Topspiel beim VfB Stuttgart (15.30 Uhr). Zeitgleich steht für Union die kurze Reise aus Berlin zum VfL Wolfsburg an.

