Boateng-Doku der ARD: Beteiligte vermissen Klartext

Die Kritik an der ARD-Dokumentation „Being Jérôme Boateng“ reißt nicht ab. Schon nach ihrer Veröffentlichung am 21. Oktober hatten Zuschauer in den sozialen Medien die Produktion kritisiert – der Großteil des Dreiteilers widmet sich Boatengs Fußball-Karriere, erst in der dritten Folge werden die Gewaltvorwürfe gegen ihn thematisiert.

Mittlerweile haben sich mehrere Beteiligte von der Produktion distanziert. Zuletzt hat der Anwalt Alexander Stevens, der in der Doku als Strafrechtsexperte auftritt, auf Instagram mitgeteilt, er bereue sein Mitwirken. Seine Aussagen seien stark verkürzt und aus dem Kontext gerissen worden. Dass kritische Passagen herausgeschnitten worden seien, erwecke den Eindruck, „dass bestimmte Narrative geschützt werden sollten“. Zuvor hatten die ehemalige Investigativjournalistin Gabriela Keller und die Podcasterin Gizem Çelik die redaktionelle Verarbeitung ihrer Beiträge kritisiert. „Ich habe klare Worte gefunden. Wo sind diese klaren Worte?“, sagte Çelik dem „Spiegel“.

Eine eindeutige Bitte übergangen

Boateng, der seine Karriere im Sommer für beendet erklärt hat, war im vergangenen Jahr rechtskräftig wegen vorsätzlicher Körperverletzung seiner Ex-Freundin verurteilt worden. Zu diesem Fall und dem laufenden Sorgerechtsverfahren um die gemeinsamen Zwillinge äußert er sich in der Dokumentation nicht. Wohl aber zu seiner Beziehung zu Kasia Lenhardt, die sich Anfang 2021 das Leben nahm. Vorausgegangen war ein Interview Boatengs mit der „Bild“-Zeitung, in dem er Lenhardt kritisierte. In der Doku erklärt Boateng, das Interview sei ein Fehler gewesen, der ihn ein Leben lang begleiten würde.

Aussagen wie die, dass Lenhardt eine viel diskutierte Verschwiegenheitserklärung auf eigenen Wunsch und nicht auf Druck Boatengs unterschrieben habe, bleiben unwidersprochen – denn niemand kann für Lenhardt Partei ergreifen. Ihre Familie sei zwar um eine Stellungnahme gebeten worden, habe das aber abgelehnt, wie ihr Anwalt Markus Hennig der Deutschen Presse-Agentur mitteilte – „verbunden mit der eindeutigen Bitte, das Thema Kasia Lenhardt nicht aufzugreifen“.

Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, hat das „Frauennetzwerk“ des BR für die kommende Woche zu einer Diskussionsrunde mit Kulturleiterin Ellen Trapp sowie den an der Dokumentation beteiligten Redakteuren geladen. ARD und BR haben die Produktion verteidigt. Die Interviewpartner seien darüber informiert worden, dass Jérôme Boateng an der Doku mitwirken solle. Die „zentralen Einordnungen“ der Gesprächspartner seien im Film. „Wir müssen scharfe Kritik auch erst mal aushalten“, teilte die ARD in den sozialen Medien mit. Man habe sich für das Format entschieden und stehe auch – „erst mal“ – dazu.