
Der anhaltende Streit um das geplante Rentenpaket in der Bundesregierung spitzt sich weiter zu. Trotz wiederholter Appelle von führenden Politikerinnen und Politikern der CDU hält eine Gruppe von 18 jungen Unionsabgeordneten das Paket weiterhin für nicht zustimmungsfähig. Am heutigen Nachmittag soll es in einer Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion deswegen eine Probeabstimmung geben.
Die schwarz-rote Bundesregierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Rentenreform geeinigt, die Abgeordneten der Jungen Gruppe von CDU und CSU drohen allerdings seit Wochen mit einer Blockade der Regierungspläne zur Stabilisierung des Rentenniveaus. Sie verweisen darauf, dass das Vorhaben von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) über das Jahr 2031 hinaus Folgekosten von bis zu 10 Milliarden Euro zulasten der jüngeren Generationen verursachen würde.
Die Koalition verfügt über eine Mehrheit von zwölf Stimmen im Parlament. Zur Jungen Gruppe, die sich gegen das Rentenpaket stemmt, zählen aber 18 Abgeordnete. Das heißt, dass die Koalition von CDU, CSU und SPD ohne sie keine eigene Mehrheit hat. Bis zuletzt war unklar, wie die Abgeordneten abstimmen würden.
Gruppe lässt Abweichlern eine Hintertür
Nach anhaltender Kritik hatte sich vergangene Woche der Koalitionsausschuss mit dem Rentenpaket befasst. Die Spitzen von Union und SPD legten dabei einen Kompromissvorschlag vor. Dieser sieht vor, den Gesetzentwurf zur Rente diese Woche zunächst unverändert im Bundestag zu verabschieden. Den jungen Abgeordneten soll aber in einem Entschließungsantrag zugesichert werden, dass ihre Bedenken im Rahmen einer großen Rentenreform im kommenden Jahr berücksichtigt werden.
Auch daran äußerte die Junge Gruppe zuletzt Zweifel. „Die Wahrscheinlichkeit einer großen Rentenreform, die genau die Kosten unter Kontrolle bringen wird, auf die der Koalitionspartner jetzt besteht, ist gering“, hieß es. In ihrer Erklärung ließ die Gruppe jedoch eine Hintertür offen: Jedes der Mitglieder werde selbst entscheiden, wie es im Bundestag abstimme.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, kündigte laut CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in einer intensiven Debatte im Parteivorstand an, er werde bei seiner Ablehnung bleiben. Aus der CDU hieß es aber auch, es habe eine breite Zustimmung dafür gegeben, das Rentenpaket in der aktuellen Form zu beschließen.
Spitzen von CDU und SPD warnen vor Folgen
Linnemann warnte die Abgeordneten vor Schäden für die Koalition. Sollte das Paket im Bundestag scheitern, werde es schwierig mit der weiteren Zusammenarbeit. Bei der Frage, wie viele Abweichler es insgesamt geben könnte, verwies Linnemann auf die Sitzung der Bundestagsfraktion. Dort werde „einmal abgestimmt und dann geschaut“, sagte er.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) geht indes davon aus, dass der Bundestag am Freitag endgültig über die geplante Rentenreform abstimmt. Die Unionsfraktion werde an diesem Dienstag über das Thema in ihrer regulären Sitzung beraten und „die entsprechenden Schlussfolgerungen“ besprechen. Das Rentenpaket bestehe ja nicht nur aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch aus der sogenannten Aktivrente und weiteren Inhalten, „die schon zum 1. Januar 2026 auch in Kraft treten sollen“, sagte Merz.
Sozialministerin Bas sagte ebenfalls, sie sei optimistisch, dass es in dieser Woche gelinge, das Rentenpaket zu beschließen. „Das ist wichtig, insbesondere natürlich für den Fortbestand der Koalition, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass wir kaum noch andere Gesetzgebungen, wenn das jetzt scheitert, durchs Parlament bringen“, sagte Bas.
Spahn will noch „freundliche Gespräche“ führen
Unionsfraktionschef Jens Spahn warnte in der ARD, im Fall einer Ablehnung des Rentenpakets könne in der Koalition nicht weitergemacht werden, als wäre nichts gewesen. „Die Folge wird ja sein, dass erst mal alles zum Stillstand kommt: Bürgergeld, Migration, Energiepolitik.“ Spahn gab sich zugleich zuversichtlich, die notwendige Zustimmung zu sichern.
Er sei im Gespräch mit den jungen Abgeordneten, wo er auch verschiedene Szenarien und ihre Folgen durchspiele, sagte Spahn. Bis Dienstag, wenn die Fraktionen im Bundestag tagen, wolle er noch „freundliche Gespräche“ führen. Dann werde man sehen, wie die Stimmung sei. Auf die Nachfrage, ob er den Rentenrebellen damit gedroht habe, sie bei künftigen Wahlen auf hintere Listenplätze zu verbannen, sagte Spahn: „So konkret habe ich das nicht gemacht.“
Sollte sich bei der Fraktionssitzung zeigen, dass die Stimmen ausreichen, dürfte noch in dieser Woche die Abstimmung im Bundestag stattfinden. Der Bundesrat wäre dann am 19. Dezember an der Reihe. Dort dürfte aber nichts mehr schiefgehen, und das Gesetz könnte zum 1. Januar 2026 in Kraft treten.
