
Bis heute ist Machu Picchu von einer gewissen Mystik umwoben. Die rührt vor allem daher, dass niemand so genau weiß, warum sich die Inka eigentlich die unfassbare Mühe machten, diese Stadt in Tausenden Metern Höhe zu errichten. Sommerresidenz der Herrschenden, Kultstätte oder Verwaltungssitz? Doch der jüngste Streit um Perus bekannteste Touristenattraktion, die zum Weltkulturerbe der Unesco zählt, dreht sich wieder einmal um die eher profanen Fragen des Lebens. Geld zum Beispiel.
Anlass ist die Aussage des Bürgermeisters Ronald Vera Gallegos der nahen Provinz Urubamba, die Zufahrt zu Machu Picchu für ein, zwei Monate sperren zu wollen. Denn nach dreißig Jahren sollte die monopolartige Konzession für den Busbetreiber Consettur auslaufen und auf ein Unternehmen aus Gallegos Provinz übertragen werden. Eigentlich ein kleiner Akt, dessen Ankündigung jedoch bereits im September zu größeren Protesten geführt hatte. Anwohner blockierten damals die Routen nach Machu Picchu, mehr als 2000 Touristen strandeten auf halber Strecke zwischen der nächstgrößeren Stadt Cusco und der Inkastätte.
Denn Machu Picchu ist die Geldmaschine der peruanischen Tourismusindustrie, kein anderer Ort des Landes wird von Besuchern aus aller Welt derart heimgesucht. Weit mehr als 1,2 Millionen werden es in diesem Jahr sein, nach Berechnungen des Tourismusministeriums bringen sie Monat für Monat 150 Millionen US-Dollar nach Peru. Ein enormer Betrag für das krisengeplagte Land, um dessen Verteilung immer wieder heftig gerungen wird.
So hatten Anwohner bereits Anfang 2024 die einzige Zugstrecke tagelang bestreikt, Hunderte Touristen mussten abreisen, ohne Machu Picchu gesehen zu haben. Die Proteste waren die Antwort auf die Ankündigung der peruanischen Regierung, den Verkauf der Tickets für Machu Picchu an einen einzelnen privaten Anbieter zu vergeben. „Mafiöse Strukturen“ bei den regionalen Händlern gab die Regierung als einen der Gründe dafür an – ein Verdacht, der jedoch ebenso für den Deal mit dem neuen Anbieter galt. Am Ende erwirkten die Demonstranten, dass die Tickets nun über eine staatseigene digitale Plattform verkauft werden.
Die Anlage leidet unter den Touristenmassen
Doch das geschäftige Treiben von Regierung, Provinzpolitikern, Hotelbesitzern und anderen Anwohnern führt inzwischen dazu, dass Machu Picchu selbst seinen Glanz zu verlieren droht. Einflussreiche Tourismusportale beklagen einen Overtourism in der Inkastadt wie sonst nur in Venedig oder Barcelona. Ein Besuch sei den „Aufwand nicht mehr wert“, schreibt Travel and Tour World. Die hohe Zahl an Reisenden stört auch zunehmend die Unesco. „Machu Picchu läuft Gefahr, seinen Status als Weltkulturerbe zu verlieren“, sagt die peruanische Historikerin Cecilia Bákula.
Klar ist jedenfalls, dass die Mitte des 15. Jahrhunderts wundersam errichtete Anlage unter den Touristenmassen massiv leidet. Steine drohen zu zerbröseln, ganze Gebäudereste könnten abrutschen. Auch die Zufahrt zu Machu Picchu ist bedroht, 1948 eröffnet, wurde an der Staubpiste seitdem nur das Notwendigste repariert. Experten geben der Strecke noch anderthalb Jahre, dann sei sie nicht mehr befahrbar. Die Geschäfte mit Machu Picchu können trotzdem erst einmal weiterlaufen: Provinzbürgermeister Gallegos wurde nun beschieden, dass er gar nicht das Recht habe, die Zufahrt sperren zu lassen.
