Deutschland gegen Spanien in der Nations League: Die Weltmeisterinnen leiden – Sport

Die Weltmeisterinnen verbargen kaum, dass ihre Laune nach einem Fußballspiel schon mal besser war. Als Alexia Putellas aus dem Kabinengang des Fritz-Walter-Stadions vor die Mikrofone trat, lag in ihrem Blick Ernüchterung. „Ich weiß nicht, was ihr für ein Spiel erwartet habt, aber das ist ein Finale, sie haben zu Hause gespielt und sie haben großartige Spielerinnen“, sagte Putellas, selbst eine großartige Spielerin.

Von einer komplizierten, schwierigen Partie sprachen die Spanierinnen, auch Torhüterin Cata Coll, ihr war die Enttäuschung anzusehen. Dabei hatte sie mit starken Paraden dazu beigetragen, dass der Abend für ihr Team mit einem 0:0 glimpflich geendet hatte. Aber Ergebnis und Leistung im Final-Hinspiel der Nations League hatten nunmal nicht dem Anspruch der fußballerisch weltweit besten Elf entsprochen, was die spanische Zeitung El Pais zu der Feststellung brachte, das schlechteste Spiel seit dem 0:4 bei der Weltmeisterschaft 2023 gesehen zu haben, als Japan sie in der Gruppenphase deklassiert hatte.

Für all das war das deutsche Nationalteam verantwortlich. Mit viel Dynamik hatte es die Spanierinnen am Freitagabend überrumpelt. Phasenweise wirkten die Gäste in ihrer eigenen Hälfte wie gefangen in einem Käfig, aus dem sie zwar mal einen Arm oder einen Fuß rausstreckten, sich aber nicht wirklich befreien konnten. „Es stimmt, dass wir heute ziemlich gelitten haben“, sagte Cata Coll. Die deutsche Dominanz ließ Erinnerungen an das allererste Spiel von Christian Wück als Bundestrainer aufkommen: das 4:3 gegen England vor rund 13 Monaten. Damals hatten die DFB-Frauen mit mutigem, gierigem Offensivfußball ähnlich überfallartig agiert und hohe Erwartungen geschürt, ob dieses Unterhaltungsniveau mit dem neuen Chefcoach wohl öfter möglich sein würde.

Die Wenigsten, findet Bundestrainer Wück, hätten seinem Team eine solche Leistung gegen Spanien zugetraut

„Wir hatten eine unfassbar große Chance heute dieses Spiel zu gewinnen. Natürlich ärgert uns das enorm, weil ich glaube, noch niemand hatte Spanien an so einem Punkt, wie wir heute“, fand Vize-Kapitänin Janina Minge. Dieser Abend, er war geprägt von einer Ambivalenz, an die sich die Deutschen inzwischen fast schon gewöhnt haben könnten. Der Bundestrainer störte sich jedenfalls erneut daran, bei der Analyse wieder über dieses eine Thema reden zu müssen, das den Abend auf dem Betzenberg in Kaiserslautern von jenem im Wembley-Stadion unterscheidet: Damals führten sie nach einer halben Stunde 3:0. Diesmal führten sie nach einer halben Stunde sogar 6:0, aber eben nur in den Kategorien Schüsse aufs Tor und Chancen.

„Es ist die alte Leier, die Effizienz vor dem Tor“, sagte Wück auf der Pressekonferenz. „Es ist keine Frage der Technik, es ist eine Frage der Spielintelligenz, dem Erkennen von Situationen, um effektiver vor dem Tor zu sein.“ Als Paradebeispiel diente dem 52-Jährigen jener Treffer, der im Sommer im Halbfinale der EM gegen Spanien so schmerzhaft für die Deutschen war: das 1:0 von Aitana Bonmatí ins kurze Eck, geprägt von einer herausragenden Präzision und beeindruckender Gedankenschnelligkeit.

In Kaiserslautern zeigte sich Bundestrainer Christian Wück immer wieder ungehalten über das, was er von den deutschen Nationalspielerinnen sah.
In Kaiserslautern zeigte sich Bundestrainer Christian Wück immer wieder ungehalten über das, was er von den deutschen Nationalspielerinnen sah. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Unmittelbar überwog bei Wück erklärtermaßen der Frust darüber, dass sich seine Spielerinnen trotz zahlreicher guter Gelegenheiten kein einziges Mal für das Kreieren all dieser Chancen belohnt hatten. Es hätte ja schon in der zweiten und sechsten Minute durch Klara Bühl und Nicole Anyomi so weit sein können, Bühl (19., 29. Minute), Franziska Kett (27.) und Jule Brand (28.) ließen Spaniens Torhüterin Cata Coll nicht zur Ruhe kommen, später landete ein Kopfball von Rebekka Knaak am Pfosten (33.), aber einfach nicht im Tor. „Auf der anderen Seite hätten uns die Wenigsten so eine Leistung zugetraut gegen so eine Mannschaft“, sagte Wück. „Ich sehe das als weiteren Entwicklungsschritt, um das nächste Level zu erreichen.“ Der vielleicht größte Fortschritt sei, „dass die Spielerinnen viel mehr miteinander harmonieren“, taktische Pärchen wie Sjoeke Nüsken und Elisa Senß im Mittelfeld hätten sich gefunden und verstünden sich nun blind.

Ich glaube nicht, dass es das Spiel in Spanien so viel einfacher gemacht hätte, ob wir hier mit 1:0 oder 0:0 spielen

Klara Bühl

Die Deutschen eroberten die Bälle und schwärmten auf verschiedene Wege bei ihren schnellen Kontern aus. Was Putellas und die anderen auch versuchten, es wirkte oft umständlich und in der Defensive auch durch den Druck der Deutschen zudem überfordert. Bis auf eine Viertelstunde nach der Pause konnten sie sich nicht entfalten. Was auch daran lag, dass das DFB-Team, wieder mit Ann-Katrin Berger als Ruhepol im Tor, ebenso kompakt verteidigte. Bühl, Brand und Shekiera Martinez hatten noch gute Chancen. Aber Pfosten, Latte, Cata Coll, die eigene Nervosität oder Ungenauigkeit – immer stand etwas im Weg. Dieses Spiel hätten sie gewinnen können, vielleicht sogar müssen. Wo sich sonst ein Remis gegen die Weltmeisterinnen wie ein Sieg anfühlen konnte, überwog nun das Gefühl einer Niederlage.

„Natürlich hätten wir uns einen kleinen Puffer erspielen können“, sagte Bühl: „Aber ich glaube nicht, dass es das Spiel in Spanien so viel einfacher gemacht hätte, ob wir hier mit 1:0 oder 0:0 spielen. So haben wir das klassische Finale und darauf freuen wir uns extrem.“ Ein Wechsel vom kritischen Blick auf die schlechte Chancenverwertung zu Optimismus angesichts der Dominanz gegen die Titelverteidigerinnen kann für das Rückspiel am Dienstag (18.30 Uhr, ARD) im Estadio Metropolitano von Madrid natürlich helfen. Der Sieg in der Nations League wäre der erste Titel seit Olympiagold 2016.

„Es wird schwierig werden“, sagte Alexia Putellas zwar noch. „Denn wir haben ja gesehen, was für eine großartige Mannschaft Deutschland ist.“ Aber wie lief das noch gleich nach der besagten Klatsche gegen Japan? Die Spanierinnen verloren kein Spiel mehr. Sie antworteten mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft.