
Nicht nur in der Union sorgt die parteieigene Jugend für Zündstoff wie zuletzt mit der Rentendiskussion, auch die Grüne Jugend macht ihrer Partei mächtig Dampf. Die neue Spitze hätte die Parteimutter gerne etwas angriffslustiger und frecher.
„Die Stadtbild-Debatte hat gezeigt: Die Grünen sind nicht mutig genug“, sagt Luis Bobga, Co-Chef der Grünen Jugend der „Süddeutschen Zeitung“. Zu oft versuche man sich „geschmeidig durchzulavieren. Das ist der falsche Weg“, findet Bobga und fordert, in Debatten mit der Regierung härter aufzutreten. „Die Stadtbild-Aussage des Kanzlers war rassistisch“, sagt der 23-Jährige. „Aber die Grünen haben sich nicht getraut, das auch so zu benennen.“
Es gebe eine Scheu, Merz zu verärgern, glaubt Bobga und vermutet: Vielleicht wolle man sich die Tür zur Macht offenhalten. „Das war eine verpasste Chance“, kritisiert Bobga. „Um wieder Profil zu gewinnen und sich auf die Seite derer zu stellen, die Solidarität brauchen.“ Bobga führt die Grüne Jugend seit Oktober mit Co-Chefin Henriette Held.
Die Grüne Jugend mahnt vor dem am Freitag beginnenden Parteitag der Grünen auch eine strategische Kurskorrektur an. „Vielen Menschen ist nicht mehr klar, für was die Grünen stehen. Wir müssen bei der nächsten Bundestagswahl mit klaren Botschaften an den Start gehen“, sagt der Jungpolitiker. Beim Thema Wehrdienst etwa lehnt die Grüne Jugend jede Verpflichtung für junge Menschen ab. „Wir werden auf dem Parteitag das klare Signal senden: Wir sagen ‚Nein‘ zu einer Wehrpflicht durch die Hintertür. Wir sagen ‚Nein‘ zu einem verpflichtenden Gesellschaftsjahr, und wir sagen auch ‚Nein‘ zu verpflichtenden Musterungen für junge Menschen ab Jahrgang 2008.“ Man müsse über die Verteidigungsfähigkeit breiter sprechen, sagt Bobga. „Einfach nur mehr junge Soldaten sind nicht die Antwort auf die hybride Kriegsführung Russlands.“
„Politik braucht Mut und Zuversicht, aber auch Klarheit“
Zudem kündigt die Grüne Jugend an, „Debatten und den Kurs der Partei nach links rücken“ zu wollen. Beim Thema Wohnen fordert sie einen Mietendeckel, den Kommunen bundesweit einführen dürfen. „Das könnte weite Teile der Bevölkerung schnell entlasten. Mieten dürften dann fünf Jahre nicht steigen“, sagt Bobga. Die Grünen könnten hier zeigen, „dass sie die größte soziale Frage unserer Zeit ernst nehmen“.
In der Partei erhält die Grüne Jugend dafür Zustimmung. „Politik braucht Mut und Zuversicht, aber auch Klarheit: Wir müssen bezahlbares Leben greifbar machen“, sagt der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Marcel Emmerich. Er verweist auf den Erfolg des linken Bürgermeisters in New York, Zohran Mamdani: „Progressive gewinnen, wenn sie Haltung mit Zuversicht verbinden und gleichzeitig ein substanzielles Angebot für eine breite Wählerschicht liefern.“
