Fair Isle Pullover Trend: schöner Kranz – Stil

Für sie: Die alpine Versuchung

Der Fair-Isle-Pullover war voriges Jahr schon Trend, aber noch Nische. In diesem Winter ist er im Mainstream, also wirklich bei jedem zweitklassigen Influencer angekommen. Dabei darf man eigentlich gar nicht Fair Isle sagen. Nur das Original kommt nämlich von dieser gleichnamigen schottischen Insel, die so weit abseits liegt, dass man sich dort wohl schon immer am besten die Zeit damit vertrieben hat, die aufwendigsten Motive zu stricken. In der Tat hat das Design des Pullis, den jetzt offenbar alle tragen wollen, auch gar nicht so viel mit der Ursprungsidee zu tun. Er erinnert also viel weniger an einen Mathe-Lehrer und viel mehr an Bond-Girls auf Skiern. Das Muster hält sich, im Gegensatz zum Original, zurück und beschränkt sich auf einen quasi feierlichen Kranz um die Brust, und vielleicht noch um die Säume. Der Hintergrund ist grau oder cremeweiß, wie hier beim Modell von Cos.

(Foto: Cos)

„Ich fahre aber gar kein Ski!“, wird die eine oder andere Leserin vernünftigerweise denken, ist ja schließlich ein Risiko für alles – für die Knochen, die Natur, den Geldbeutel und das Nervenkostüm. Genau deswegen braucht sie aber diesen Pulli. Er sieht zu allem super aus, was nichts mit Wintersport zu tun hat: bestickte zarte Röcke, glänzende weite Hosen, Bubble-Minis, Overknee-Stiefel – der Fantasie sind eigentlich keine Grenzen gesetzt, solange das alles mindestens so unvernünftig ist wie das Skifahren. Eine Jeans wäre nämlich etwas basic, und man will doch wirklich nicht mit einem zweitklassigen Influencer verwechselt werden.

Für ihn: Die rosa Gefahr

Um diesen neuen Pullover des US-Kultlabels J. Crew entbrannte vor einigen Tagen eine kleine Diskussion in den sozialen Medien. Ein Maga-Anhänger hatte sich über das Design lustig gemacht und sarkastisch gefragt, welcher Mann denn bitte so rumlaufen würde. Ganz offensichtlich war ihm Farbe und Form zu wenig maskulin. Nun sind leichte Rosatöne wie diese für Herrenbekleidung natürlich schon seit Jahrzehnten gang und gäbe und können in der richtigen Kombination die Maskulinität sogar noch unterstreichen. Überhaupt ist das Konzept der typischen Mädchen- und Jungsfarben vorrangig eine Konstruktion der US-Werbung seit Mitte des 20. Jahrhunderts.

(Foto: J.Crew)

Also, die Farbe ist zu einer guten blauen Jeans oder Chino überhaupt keines Aufhebens wert. Diskutabel ist aber durchaus die Platzierung des Fair-Isle-Musters und die ganze Schulter- und Brustpartie mit dieser unnötigen gestrickten Ziernaht. Jeder Kopf, egal ob Mann oder Frau, sieht dadurch aus wie durch ein dekoratives Tischdeckchen gesteckt. Bis vor nicht allzu langer Zeit trugen brave Mädchen zu braven Anlässen spitzenverzierte Zierkragen, das hatte einen ähnlichen Effekt – der Kopf wirkt dann wie ein dekorativ umranktes Centerpiece. Bei Kindern mag das ein probates, wenn auch altmodisches Mittel sein, um sie ein bisschen in den Mittelpunkt zu stellen und ihre Lieblichkeit zu unterstreichen. Bei ausgewachsenen Männern haben Zierkragen keinen großen Mehrwert und ja, lassen die Männlichkeit durchaus etwas erodieren. Aber auch nur, wenn sie vorher schon etwas brüchig war.