E-Commerce kämpft mit hohen Retouren und steigenden Kosten

Im internationalen Onlinehandel sorgen grenzüberschreitende Lieferketten, komplexe Multi- und Omnichannel-Modelle sowie der starke Wettbewerb durch globale Plattformen für zunehmend anspruchsvolle Logistikabläufe. Gleichzeitig wächst der Druck auf Händler, Prozesse schlanker und kosteneffizienter zu gestalten. Besonders im Textilsegment bleibt das Thema Retouren ein massiver Belastungsfaktor: Jeder achte Händler erhält mehr als die Hälfte aller Bestellungen zurück. Laut Niklas Stanislawski, Autor der EHI-Studie „Versand-, Verpackungs- und Retourenmanagement im E-Commerce“, liegen die Retourenkosten weiterhin auf einem hohen Niveau, während Potenziale durch Automatisierung und KI vielerorts ungenutzt bleiben.

Die Zusammensetzung des Sortiments beeinflusst die Rücksendequote im E-Commerce weiterhin deutlich. Gerade Modeartikel werden häufig retourniert, weil Passform, Stoff oder Schnitt nicht den Erwartungen entsprechen und die Artikel leicht wieder verpackt werden können. Entsprechend berichtet ein Großteil des Textilhandels (87,7 Prozent) von Rücksendequoten bis 50 Prozent, während 12,2 Prozent noch höhere Werte verzeichnen. Weitere 12,2 Prozent kalkulieren mit bis zu 10 Prozent Rücksendungen.

Im Elektronikbereich geben 85,7 Prozent der Händler Retourenquoten bis maximal 10 Prozent an, der Rest verzeichnet bis zu 35 Prozent. Möbelanbieter liegen mit rund 93 Prozent fast geschlossen unter der Marke von 10 Prozent. In den Segmenten Spielwaren sowie Bücher und Medien bewegen sich die Retouren ebenfalls überwiegend auf niedrigem Niveau.

Die Kosten pro retourniertem Artikel bleiben für viele Händler ein relevanter Faktor. Über die Hälfte (53,3 Prozent) beziffert die Bearbeitungskosten mit bis zu 10 Euro, 13,9 Prozent liegen bei bis zu 20 Euro. Rund 27 Prozent der Unternehmen können ihre genauen Kosten aufgrund fehlender Transparenz gar nicht eindeutig bestimmen, was Optimierungsmaßnahmen erschwert.

Viele Unternehmen erfassen die Gründe für Rücksendungen, allerdings mit sehr unterschiedlichen Automatisierungsgraden. Bei 34,4 Prozent erfolgt die Datenerhebung weiterhin manuell. Vollständig automatisierte Prozesse nutzen erst 29,5 Prozent. Rund 5 Prozent stehen noch in der Planungsphase, während gut 20 Prozent derzeit keinerlei Umsetzung anstreben.

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Retourenmanagement ist bislang selten. Nur 7,3 Prozent nutzen bereits KI-gestützte Anwendungen, 12,2 Prozent prüfen entsprechende Einsatzmöglichkeiten. 45,5 Prozent sehen KI künftig als relevant an, während etwa ein Drittel derzeit keinerlei Interesse zeigt.

Die Rückabwicklung erfolgt in vielen Betrieben schnell: 43,4 Prozent der Händler bearbeiten eine Retoure innerhalb von ein bis zwei Tagen. Weitere 26,2 Prozent benötigen drei bis vier Tage. Nur wenige Unternehmen überschreiten sechs Tage Bearbeitungszeit. Rund 10 Prozent schaffen den Prozess sogar innerhalb von 24 Stunden. Für die kommenden drei Jahre erwartet die überwiegende Mehrheit der Befragten keine Entspannung des Retourenaufkommens; 17 Prozent rechnen sogar mit einem weiteren Anstieg.