Man hätte gewarnt sein können als Tourist, denn die Indizien sind eindeutig. Oder ist es etwa verwunderlich, dass Brüssel unter allen europäischen Hauptstädten diejenige mit den ungepflegtesten sanitären Einrichtungen ist? Jene Stadt also, in der die Statuette eines Männleins, das von einer Hausecke in eine Altstadtgasse uriniert, zu den Hauptattraktionen zählt? Eben.
Es gibt nichts, was die Menschen inzwischen nicht auf irgendwelchen digitalen Plattformen bewerten. Also bekommen auch öffentliche Toiletten Sternchen – mögen es oft auch nur ein oder zwei sein. Ein britischer Online-Händler für Badezimmerprodukte wiederum hat diesen Toiletten-Tadel nun ausgewertet, vor allem wahrscheinlich deshalb, um damit in die Presse zu kommen. Derlei Geheisch um Aufmerksamkeit geschieht allenthalben, die Umfragen und Auswertungen können gar nicht hanebüchen genug sein.
In diesem Fall jedoch darf man von einer validen Datenbasis ausgehen, da man es ausnahmsweise einmal mit kompetenten Sternchenvergebern zu tun hat. Eine verschmutzte, übel riechende Toilette als solche zu brandmarken, gelingt in aller Regel auch jenen, die bei anderen Bewertungen gerne mal fragwürdige Kriterien anlegen: Das Essen war lecker, der Preis angemessen, die Bedienung freundlich, aber die Tischdekoration scheußlich – zack: nur ein Stern für den neuen Italiener. Man selbst geht also nicht hin, weil man denkt, die Pasta sei verkocht. Dabei waren nur die Servietten falsch gefaltet.

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Eine glaubhafte Rangliste der europäischen Hauptstädte, sortiert nach dem Hygienestandard der öffentlichen Bedürfnisanstalten, ist hingegen überaus hilfreich. Denn was bedenkt man nicht alles, wenn man sich Gedanken macht über sein nächstes Städtereiseziel: die Sehenswürdigkeiten, das Wetter, die Hotelpreise, die Küche, die Erreichbarkeit. Dann ist man da, muss mal und bereut die Entscheidung für Stockholm, Berlin, Paris, Amsterdam oder Rom zutiefst. Weil man, wie schnell feststellbar ist, hier nicht müssen möchte – es sind nämlich alles Städte in den Negativ-Top-Ten. Wäre man doch besser nach Ljubljana, Istanbul, Luxemburg oder Lissabon gereist. Oder gleich nach Vilnius, wo die öffentlichen Toiletten unter allen Hauptstädten am saubersten sind.
Grundsätzlich kann es strategisch außerdem klug sein, als Tourist ein Quartier im Zentrum zu nehmen. Dann hat man es im Notfall nicht weit von den Sehenswürdigkeiten zurück ins Hotelzimmer. Dort allerdings sieht man sich neuerdings immer häufiger mit einem kuriosen Problem konfrontiert: In einer wachsenden Zahl von Hotels gibt es nämlich keine Toilettenbürsten mehr in den Bädern. Die Gründe dafür sind vielfältig, die meisten davon lassen sich auf das Argument reduzieren, diese Utensilien würden mehr hygienische Probleme schaffen als lösen. Manchmal aber wären sie schon hilfreich, und das führt dann zu solch pikanten Arrangements, dass es Hotels gibt, in denen man fallweise Toilettenbürsten an der Rezeption ausleihen kann.
Kurz: Man tut gut daran, die Planung von Städtereisen künftig ganz anders anzugehen als bisher. Und wenn die wirklich wichtigen Dinge berücksichtigt sind, wird man erleichtert feststellen: Ein gutes Restaurant und ein tolles Museum finden sich dann schon. Egal, ob in Bukarest oder Bratislava.

