Flug verpasst, Handy mit der Bordkarte weg oder eine verschlossene Schranke bei der Passkontrolle: Der kirchliche Sozialdienst am Frankfurter Flughafen findet seit 25 Jahren in solchen Situationen eine Lösung. „Wir leisten gestrandeten Passagieren Hilfe zur Selbsthilfe“, sagt Simone Roßbach. Sie ist Leiterin des Sozialdienstes, der an diesem Wochenende sein Jubiläum feiert.
Es gibt viele Gründe, warum Passagiere in eine Notlage geraten können: Schwierigkeiten mit Ticket, Pass oder Visum, Geldnot nach einem Diebstahl oder unerwartete Kosten durch Umbuchungen. Die Beratungsstelle des kirchlichen Sozialdienstes der Diakonie Frankfurt und Offenbach bietet in solchen Fällen einen geschützten Raum, in dem Betroffene zur Ruhe kommen und gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen nach einer Lösung suchen können. Wenn nötig, bekommen sie Verpflegung und Kleidung. Der Sozialdienst hilft bei der Kontaktaufnahme mit Verwandten oder einem Hotel, vermittelt zwischen Behörden und Fluggesellschaften und sorgt dafür, dass niemand am Flughafen allein bleibt.
„Oft ist das alles sehr knapp kalkuliert“
Roßbach erzählt, dass die Anliegen früher ganz andere waren: „Allein ein Telefonat ins Ausland war damals sehr teuer – aber wir haben es immer möglich gemacht.“ Heute sei vieles anders. „Wenn man gesund ist, finanziell einigermaßen gut dasteht und ein Smartphone besitzt, kann man sich oft selbst helfen – das war vor 25 Jahren deutlich schwieriger.“ Doch viele der Menschen, die heute die Hilfe des Sozialdienstes benötigten, befänden sich in einer besonders vulnerablen Situation. Manche seien psychisch belastet oder körperlich eingeschränkt, andere verfügten kaum über finanzielle Mittel. „Mich hat es am Anfang wirklich erstaunt, mit wie wenig Geld manche Menschen eine Flugreise antreten“, erzählt Roßbach. „Oft ist das alles sehr knapp kalkuliert – und wenn dann etwas schiefgeht, etwa weil jemand einen Flug verpasst, gibt es in der Regel kein Geld für eine Umbuchung.“
Viele Menschen, die Unterstützung von Roßbach und ihrem Team benötigen, sind sogenannte Heimkehrer. Deutsche, die vor vielen Jahren ausgewandert sind und nun aus verschiedenen Gründen, oft unfreiwillig, zurückkehren. Dazu zählen etwa Rentner, die im Ausland mittellos oder pflegebedürftig geworden sind, oder als Kind ausgewanderte Deutsche, die nach einem Gesetzesverstoß in Abschiebehaft geraten sind und zurück nach Deutschland abgeschoben werden – ohne Sprachkenntnisse, soziale Kontakte und Bezug zur alten Heimat. 107 waren es bisher allein in diesem Jahr. Häufig kommen diese Menschen mit konsularischer Hilfe zurück, doch sobald sie hier landen, endet die Unterstützung des Auswärtigen Amts und das Team von Roßbach übernimmt.

Viele Heimkehrer sind mittellos, gesundheitlich angeschlagen und im fortgeschrittenen Alter. Der Sozialdienst organisiert ihre Ankunft, nimmt Kontakt zu Sozialämtern auf und hilft beim Wiedereinstieg in das deutsche Sozialsystem. Da die meisten keine Krankenversicherung oder Grundsicherung haben, wird schon im Voraus ein erster Termin vereinbart, damit sie nach der Landung Unterkunft, Orientierung und Unterstützung finden. Gerade für Menschen, die seit Jahrzehnten nicht in Deutschland waren, ist diese Hilfe entscheidend, sie erleichtert den Neustart. Auch bei Evakuierungen aus Krisengebieten steht das Team bereit, um Rückkehrer in Empfang zu nehmen.
Die deutschen Botschaften auf der ganzen Welt verfügen über die Kontaktdaten des Sozialdienstes am Frankfurter Flughafen. In Deutschland gibt es ein vergleichbares Angebot nur noch am Flughafen München. Die Hilfe wird täglich in Anspruch genommen, in den 25 Jahren waren es etwa 26.000 Menschen. Wenn weder Fluggesellschaft noch Polizei eine Lösung findet, heißt es: „Gehen Sie mal zum kirchlichen Sozialdienst.“ Dort werden die Gestrandeten freundlich empfangen. „Wir suchen gemeinsam eine Lösung – und finden immer eine“, sagen Roßbach und ihre Kolleginnen. Auch wenn es zwei Tage dauere. Ein typischer Fall sei etwa, dass eine Person bei der Einreise Schwierigkeiten mit den Papieren habe. In solchen Situationen werde der Sozialdienst zum Beispiel von der Bundespolizei kontaktiert. Das Team nehme dann Verbindung zu den zuständigen Konsulaten auf, unterstütze bei der Klärung der Formalitäten und sorge währenddessen dafür, dass die Menschen mit Essen und Trinken versorgt seien.
Telefon, aber keine Hotelübernachtung
Der kirchliche Sozialdienst leistet Hilfe zur Selbsthilfe. Die Mitarbeiterinnen stellen ein Telefon zur Verfügung, helfen beim Heraussuchen von Telefonnummern und bei der Kontaktaufnahme, doch den Hörer in die Hand nehmen müssen die Ratsuchenden selbst. Dieses Prinzip verstünden nicht alle, sagt Roßbach. Dem Sozialdienst stünden keine finanziellen Mittel zur Verfügung. Zwar könnten Spenden wie Koffer, Kleidung und gelegentlich auch ein Kinderbuggy weitergegeben werden, in Einzelfällen organisiere man auch ein Busticket. Doch ein neues Flugticket oder eine Hotelübernachtung gehörten nicht zu den Leistungen. In solchen Fällen könne der Sozialdienst lediglich dabei helfen, Kontakt zu Angehörigen, Reisegesellschaften oder Hilfsorganisationen herzustellen.
Manche Passagiere reagieren darauf mit Unverständnis oder Enttäuschung – besonders dann, wenn sie hören, dass der Sozialdienst kirchlich organisiert ist. „Wie, Sie sind von der Kirche und helfen nicht?“ Solche Situationen gehören ebenfalls zum Alltag des Teams, das trotz begrenzter Möglichkeiten versucht, mit Geduld, Empathie und Pragmatismus das Bestmögliche für jeden einzelnen Menschen zu erreichen.
Teil des kirchlichen Engagements am Flughafen
Im Mittelpunkt der Arbeit des kirchlichen Sozialdienstes, zu dessen Team fünf hauptamtliche und 13 ehrenamtliche Mitarbeiter gehören, steht die praktische Hilfe in schwierigen Momenten, insbesondere bei bürokratischen Hürden. Wenn es jedoch um seelische Belastungen oder Krisen geht, wird die Flughafenseelsorge hinzugezogen. Der Sozialdienst ist nur ein Teil des kirchlichen Engagements am Flughafen, zu dem die Flughafenseelsorge, der kirchliche Flüchtlingsdienst, die Abschiebebeobachtung und die kirchliche Sozialarbeit gehören, die sich unter anderen um die zahlreichen Obdachlosen am Flughafen kümmert.
Die Büros des kirchlichen Sozialdienstes befinden sich in der Abflughalle C des Terminals 1 und sind gut ausgeschildert. Zudem stehen ehrenamtliche Mitarbeiter des Sozialdienstes am Schalter 700.1 im Terminal 1 als Ansprechpartner für Reisende zur Verfügung. Der Sozialdienst kann auch jederzeit von Mitarbeitern des Flughafens kontaktiert werden.

