
Verbände aus der Wirtschaft haben die Entscheidungen des Koalitionsausschusses zur Entlastung der Wirtschaft als ersten Schritt begrüßt – und zugleich weitere Maßnahmen gefordert. Die Einführung eines Industriestrompreises sei „ein nützlicher Baustein, ersetzt aber keine echte Standortoffensive“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup. Es brauche Entlastungen bei Energie, Steuern sowie bei der Bürokratie.
Die Gewerkschaft IG Metall äußerte sich zustimmend zur Einigung, mahnte aber nötige weitere Schritte an. Der Industriestrompreis sei „kein singuläres Allheilmittel, sondern muss mit weiterer kluger Industriepolitik ergänzt werden“, teilte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe mit.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte nach Beratungen des Koalitionsausschusses verkündet, für die Zeit von 2026 bis 2028 solle ein Industriestrompreis für stromintensive Firmen gelten. Angestrebt werde ein Preis von fünf Cent je Kilowattstunde.
Wirtschaftsweise Grimm hält Beschlüsse für ungenügend
Die Luftfahrtbranche reagierte positiv auf die von Union und SPD vereinbarte Rücknahme der Anhebung der Luftverkehrssteuer. „Die Bundesregierung hat Wort gehalten und der jahrelang weiter steigenden Kostenspirale bei Steuern und Gebühren für Luftverkehr ab Deutschland ein Ende gesetzt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Joachim Lang. Es seien jedoch weitere Schritte nötig.
Die schwarz-rote Koalition will zum 1. Juli 2026 die Ticketsteuer im Luftverkehr senken. Merz sprach von einer Größenordnung von etwa 350 Millionen Euro zugunsten der Luftverkehrsindustrie in Deutschland. Wenn es damit Steuerausfälle geben sollte, würden diese im Verkehrsetat verbucht. Die Einigung sei „ein klares Signal, dass Fliegen in Deutschland wettbewerbsfähig ist“, sagte CSU-Chef Markus Söder.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sieht in den Beschlüssen des Koalitionsausschusses indes noch keine ausreichenden Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft. „Es ist nicht damit zu rechnen, dass eine einzelne Maßnahme jetzt den großen Durchbruch bringt“, sagte sie mit Blick auf die geplante Einführung des Industriestrompreises im ZDF. „Also, so richtig los geht’s noch nicht und es braucht deutlich mehr, als jetzt verhandelt wird“, sagte die Professorin für Volkswirtschaft.
Umweltschützer nennen Entlastungen „schlechten Scherz“
Klimaschützer reagieren empört auf die Pläne von Union und SPD. „Das ist wohl ein schlechter Scherz“, sagte der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser. Das Kabinett Merz setze ein falsches Signal, schwäche Deutschlands Glaubwürdigkeit und verstärke die Erderhitzung.
Auch die Klimaaktivistin Luisa Neubauer übte Kritik. „Mal wieder beweist der Kanzler sein feines Gespür für explosive Rückwärtspolitik“, sagte sie – und sprach von einem getarnten Steuergeschenk an die Flugindustrie nach der erneuten Verteuerung des Deutschlandtickets.
