Von Cardi B bis Taylor Swift: Warum sind Cat Eyes so beliebt?

Abgesehen von musikalischem Erfolg und vielen Grammy-Auszeichnungen haben Taylor Swift und Cardi B scheinbar wenig gemeinsam. Swift, einst für Countrymusik und heute für gefällig-eingängigen Pop bekannt, tritt meist freundlich auf, während die ehemalige Stripperin und heutige Rapperin Cardi B oft provoziert. Im Spätsommer waren beide wieder einmal medial omnipräsent: Swift dank ihrer Verlobung mit dem Footballspieler Travis Kelce und Cardi B als Beschuldigte in einem Zivilprozess. Die damals Schwangere soll 2018 die Sicherheitsangestellte einer Arztpraxis angegriffen haben, so der Vorwurf. Videos ihrer unterhaltsam-unverblümten Aussagen vor Gericht gingen in den sozialen Medien viral.

Dort erschien Cardi B mit wechselnden Perücken auf dem Kopf, Kunstnägeln an den Fingern und über die äußeren Augenwinkel hinaus und schräg nach oben geschwungenem dunklem Lidstrich, dazu dunkler Lidschatten um die Augen. Hier zeigt sich dann doch eine Gemeinsamkeit mit der so ganz anders auftretenden Taylor Swift: Auch sie trägt einen solchen Lidstrich, wenngleich in zurückhaltender Version, auf ihren millionenfach geteilten Verlobungsfotos. „Cat Eyes“ nennt man diese Art des Augen-Make-ups, das oft wie bei Cardi B mit Lidschatten betont wird. Ist sie wie bei Taylor Swift subtiler und sanft verblendet am inneren Augenwinkel, ist auch von „Baby Cat Eyes“ die Rede.

Dieser katzenhaft geschwungene Lidstrich, so ergab eine Studie der Kosmetikmarke Essence im Frühjahr, ist seit langem der beliebteste Make-up-Look. Die zum Unternehmen Cosnova Beauty gehörende Marke ließ Daten sammeln, laut denen sich die jährlichen Google-Suchanfragen nach „Cat-Eye-Look“ auf 3,6 Millionen belaufen.

Barbra Streisand 1968 in „Funny Girl“
Barbra Streisand 1968 in „Funny Girl“Picture Alliance

Millionen eifern Nofretete nach

Schon viele prominente Frauen betonten auf diese Weise ihre Augen, etwa Ariana Grande, Audrey Hepburn und Grace Jones – und natürlich die wohl erste Schönheits-Influencerin der Geschichte, Nofretete. Das in Symmetrie und Proportionen so perfekt wirkende Gesicht der um 1340 vor Christus entstandenen Büste, die seit 2009 wieder im Neuen Museum in Berlin zu sehen ist, gilt seit ihrer Entdeckung 1912 als Ideal, dem Millionen Frauen nacheifern.

„Beschreiben nützt nichts, ansehen“, vermerkte Ludwig Borchardt, der Leiter der Grabung im mittelägyptischen Tell el-Amarna, in seinem Tagebuch angetan. Wer diesem Rat folgt, kann sie kaum übersehen, die schwarzen, präzisen und doch schwungvollen Umrandungen der Augen der schönen Frau des Königs Echnaton.

Zu Nofretetes Zeiten soll das, was wir heute als Eyeliner kennen, vor allem als Schutz der Augen vor Sonnenlicht und Krankheiten gedient haben. Das legen Untersuchungen zu den Inhaltsstoffen von altägyptischer Schminke nahe, die sich im Louvre befindet. Darin enthalten sind Substanzen auf Bleibasis, die das Immunsystem stärken sollten, eine willkommene Wirkung rund um den Nil mit seinen Sumpfgebieten. Weniger medizinisch, aber ebenfalls verbreitet in dieser Region war (und ist zum Teil bis heute) der Glaube, dass dunkel umrandete Augen vor dem „bösen Blick“ schützen können.

Eyeliner war ein Markenzeichen der verstorbenen Sängerin Amy Winehouse.
Eyeliner war ein Markenzeichen der verstorbenen Sängerin Amy Winehouse.AFP

Die Katze schwingt sich durch die Beauty-Szene

Aber auch die ästhetische Dimension der mal fein gezogenen, mal plakativ aufgetragenen dunklen Farbe rund um die Augen scheint schon früh aufgefallen zu sein – sonst hätte man sie wohl nicht so schwungvoll über den äußeren Augenwinkel hinausgezogen. Bei Nofretete verläuft dieser verlängerte Strich fast horizontal, aber schon bald, nachdem ihr Antlitz der Öffentlichkeit in den Zwanzigerjahren in Berlin der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, rutschte er immer mehr in die Schräge. Damals entstand die dunkle Farbe oft aus einem Mix aus Ruß und Vaseline.

Noch als es in den Vereinigten Staaten und Europa längst andere Produkte für den geschwungenen Strich gab und der Liquid Eyeliner erfunden worden war, inspirierte Nofretete viele Make-up-Teams. Supermodel Iman trug den Look zum Beispiel Anfang der Neunzigerjahre im Video zu Michael Jacksons „Remember The Time“ (an dessen Anfang und Ende passenderweise Katzen zu sehen sind), Farida Khelfa in einer Kampagne aus dem Jahr 2015 von Christian Louboutin. 2017 posierte Rihanna auf dem Cover der „Vogue Arabia“ im Stil der schönen Königin, und 2024 erschien das Model Imaan Hammam bei der Met Gala in New York mit Eyeliner im Nofretete-Stil.

Cat-Eye, roter Lippenstift – und gerne auch mal etwas Funkelndes: der Look von Taylor Swift
Cat-Eye, roter Lippenstift – und gerne auch mal etwas Funkelndes: der Look von Taylor SwiftPicture Alliance

Es gibt aber auch subtilere Reminiszenzen: Barbara Streisand trug 1968 in „Funny Girl“ katzenhaft geschminkte Augen, der Lidstrich zog sich über das Ende der Augenbrauen hinaus. Amy Winehouse, laut dem 2023 erschienenen Buch „Eyeliner: A Cultural History“ eine Ikone des weit über den Augenwinkel hinaus verlaufenden Lidstrichs, machte in den Nullerjahren die extra-dicke dunkle Umrandung der Augen zu einem ihrer Markenzeichen. Etwa zehn Jahre später eroberte Ariana Grande mit hohem Pferdeschwanz und markant-präzisem, schräg nach oben verlaufendem Lidstrich die Popwelt. Dessen Wirkung – je nach Schwung und Breite lässt er die Augen größer, schräger, wacher oder geheimnisvoller wirken – ist nicht nur auf Bühnen, sondern auch im Alltag vielen willkommen.

Damals ihr Signature-Look: Ariana Grande auf der Met-Gala 2018
Damals ihr Signature-Look: Ariana Grande auf der Met-Gala 2018AFP

Schützend und sexy

Spätestens während der Corona-Pandemie, als ein Großteil des Gesichts hinter der obligatorischen Maske verschwand und die Augen zur einzigen noch sichtbaren Mimik-Quelle wurden, rückten Augen-Make-up und damit auch der Cat-Eye-Look selbst für all jene in den Fokus, die sonst eher zurückhaltend mit Lidstrich und Eyeshadow hantierten. Und weil der Mensch sich bekanntermaßen schnell mit Gewohnheiten arrangiert, behielten viele ihre Schminkroutine aus dieser Zeit bei.

Dass sich ausgerechnet jetzt der „Ghost Lash“- oder auch schlicht „No Lash“-Trend anschickt, Wimperntusche obsolet zu machen, dürfte eingeschworene Cat-Eye-Fans wenig beeindrucken. Denn, das weiß die Autorin aus eigener Erfahrung, wer jahrelang zumindest den oberen Wimpernkranz und die äußeren Augenwinkel mit dunkler Farbe akzentuierte, benötigt Zeit, um sich an den ganz natürlichen Look zu gewöhnen. Viel Zeit. Auch wenn es nicht der „böse Blick“ ist, vor dem man sich schützen will, erfüllen die mal klar gezogenen, mal leicht verwischten Linien rund um die Augen durchaus eine Schutzfunktion: Sie verleihen dem sprichwörtlichen Fenster zur Seele einen Rahmen, eine Art Fensterladen, und lassen es weniger nackt wirken.

Doch der Cat-Eye-Look, auch das zeigt die persönliche Erfahrung, bringt seine Tücken mit sich. Vor allem, wenn man ihn in einem Alter tragen möchte, in dem die Augenpartie nicht mehr so faltenlos ist wie bei Iman zu Zeiten von „Remember The Time“. Ist der Winkel des verführerischen Strichs über die äußeren Augenwinkel hinaus falsch gewählt, verschwindet er spätestens beim Lachen in besagten Fältchen. Ganze Schminktutorials widmen sich dem Schwung auf der richtigen Höhe. Bewährt hat sich eine vom oberen Lid um 90 Grad nach oben gezogene Linie – sie bleibt auch bei ausgelassenem Lachen sichtbar. Die etwas dramatischere Variante: ein zunächst waagerecht verlaufender Strich, der sich erst dort nach oben bewegt, wo sich ihm keine Falten in den Weg stellen. Wer mit einer gleichmäßigen Linie auf dem oberen Wimpernkranz kämpft, kann zunächst mit einem Liquid Eyeliner einzelne Punkte auftragen und diese dann miteinander verbinden. Oder man setzt gleich auf die leicht verwischte Linie, indem man sie mit dunklem Lidschatten und einem schmalen Pinsel aufträgt. Diese Technik verzeiht auch kleine Fehler.

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