Arbeitsmarkt: Aktivrente könnte laut DIW bis zu 33.000 Vollzeitstellen besetzen

Durch die von der Bundesregierung geplante Aktivrente könnten in den kommenden Jahren bis zu 33.000 zusätzliche Vollzeitstellen
besetzt werden. Das legt eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung nahe. Demnach könnte das Modell die Erwerbstätigkeit von Rentnerinnen und Rentnern in der Altersgruppe 66 bis 70 Jahre um bis
zu zehn Prozent steigern. Ein solcher Anstieg entspricht dem Institut zufolge einem „moderaten Beschäftigungseffekt“.

Ab dem kommenden Jahr soll mit der Aktivrente ein Zuverdienst von
monatlich 2.000 Euro steuerfrei bleiben für Menschen, die auch nach dem
gesetzlichen Rentenalter von 67 weiterarbeiten. Sie ist Teil eines vereinbarten Rentenpakets, zu dem auch die Ausweitung der
Mütterrente und die Festlegung des Rentenniveaus auf 48 Prozent zählen. Am kommenden Freitag soll das Vorhaben erstmals im Bundestag debattiert werden.

Hintergrund der Pläne ist der Fachkräftemangel. Ältere
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verfügten über wertvolle Erfahrungen, von denen
Unternehmen profitieren könnten, hieß es in der Untersuchung des DIW. Demnach sind in Deutschland derzeit 21 Prozent der 65- bis 69-Jährigen
erwerbstätig
. In Ländern wie Dänemark oder Schweden liege die
Quote bei rund 30 Prozent.

Mindestens 40.000 Vollzeitstellen notwendig

Für die Untersuchung hatte das DIW knapp 3.000 Menschen zwischen 60 und 71 Jahren online befragt. Unter den derzeitigen steuerlichen Bedingungen wollten davon 52 Prozent im Ruhestand nicht mehr weiterarbeiten. Bei Einführung der Aktivrente würde sich dieser Wert um fünf Prozentpunkte reduzieren. Die Zuverdienstmöglichkeiten für Rentnerinnen und Rentner wurden zuletzt 2023 verbessert. Seither können Altersrentner unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass ihre Rente gemindert wird.

Von dieser Regelung wussten laut DIW allerdings nur 37,5 Prozent der Befragten. Es mangele an Wissen über die bestehenden Möglichkeiten, heißt es von den Expertinnen und Experten. Für den Staat könnte das ein Problem werden: Damit sich die neue Aktivrente lohnt, müssten den Berechnungen des DIW nach mindestens 40.000 neue Stellen besetzt werden. Andernfalls würden die Einnahmeverluste bei der
Einkommensteuer
ausgeglichen.

Auch Arbeitgeber sind gefordert

„Grundsätzlich setzt die Politik mit
der Aktivrente ein wichtiges Zeichen: Arbeit im Alter ist
gewollt – und sie lohnt sich“, sagte Eric Thode von der Bertelsmann Stiftung. Damit die Reform
ihre Wirkung auch entfalten könne, müsse die Politik die neuen
Möglichkeiten aber aktiv bewerben – und zwar „verständlich, über zielgruppengerechte Kanäle, mit klaren Beispielen“. Ohne eine Informationskampagne drohe das Potenzial zu verpuffen. 

Um mehr Menschen vom Ruhestand wieder in die Arbeit zu bringen, seien auch die Arbeitgeber gefragt, sagte der Arbeitsmarktexperte. Diese müssten die Arbeitsbedingungen für ältere Menschen etwa durch altersgerechte Tätigkeiten, mehr zeitliche
Flexibilität und ein gutes Arbeitsklima attraktiver gestalten. „Um sich für ältere
Arbeitskräfte attraktiv zu machen, sind Unternehmen gut beraten,
mit Wertschätzung auf die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen
zuzugehen“, sagte Thode.