Verdacht der Polizeigewalt in Frankfurt: Die Suche nach den Ursachen

Die jüngsten Vorfälle im 1. Polizeirevier in der Frankfurter Innenstadt sind auch einen Monat nachdem sie bekannt geworden sind, schwer zu fassen. Beamte sollen Personen im Gewahrsam körperlich misshandelt haben. Um die Fälle zu vertuschen, haben Kollegen mutmaßlich Berichte gefälscht. Wie konnte es dazu kommen?, lautet nur eine der Fragen, die noch immer unbeantwortet sind. Eine andere: Warum wurde das Fehlverhalten in der Dienststelle selbst nicht bemerkt und an Vorgesetzte gemeldet?

So eindeutig die strafrechtliche Bewertung der Vorwürfe womöglich ist, so komplex dürfte die interne Aufarbeitung sein. Denn die strukturelle Neuordnung, die der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) und der Frankfurter Polizeipräsident Stefan Müller am Montag vorgestellt haben, zeigt einmal mehr, wie viel Aufwand notwendig ist, um einer Entwicklung entgegenzusteuern, die zu lange geprägt war von falsch verstandenem Korpsgeist und möglicher persönlicher Frustration.

Sich nun auf die zu konzentrieren, die sich trotz aller beruflichen Belastungen (noch) nicht auf Abwege haben leiten lassen, ist deshalb der richtige Weg. Gerade junge Beamte müssen sich vergegenwärtigen, dass sie, sobald sie ihre Uniform tragen, ein Repräsentant des Staates sind, der sich an Recht und Gesetz zu halten hat. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Polizeiberuf in einer sich wandelnden und zunehmend verrohrenden Gesellschaft nicht einfacher wird. Das ist die Realität.

Hat die Polizei früher noch damit gehadert, Zahlen zur Kriminalitätsbelastung auf der Zeil herauszugeben – aus Sorge, die bekannte Einkaufsstraße könne stigmatisiert werden –, sammelt sie seit etwa zwei Jahren gezielt Erkenntnisse, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wo die Probleme liegen in diesem Teil der Innenstadt. 4500 Straftaten werden dort im Jahr erfasst, mit einem Anteil von mehr als 75 Prozent nichtdeutscher Tatverdächtiger. Die Fälle schlagen alle im 1. Revier auf. Die meisten Gewaltdelikte ereignen sich an den Wochenenden in der Nacht.

Gegen diese Entwicklung vorzugehen, ist die Aufgabe der Polizei. Doch einzelne Beamte kann das überfordern – wenn nicht ausreichend Raum für Entlastung geboten wird. Nichts rechtfertigt das Fehlverhalten, das den Beamten vorgeworfen wird. Aber es wäre zu einfach, sich nicht die Mühe zu machen, nach den Faktoren zu suchen, die möglicherweise eine Antwort geben auf die Frage nach dem „Warum“.