Handtasche von uniqlo: Warum sie immer noch so beliebt ist

Das Internet ist schnelllebig. Was gestern noch ein viraler Hit war, ist morgen längst in Vergessenheit geraten. Oder kaufen Sie noch Dubai-Schokolade? Umso bemerkenswerter sind Trends, die den schnellen Ruhm überdauern, und die man auch Monate und sogar Jahre später noch permanent auf der Straße sieht.

Die Rede ist in diesem Fall von einer Handtasche – und zwar nicht von einem teuren Markenprodukt, sondern von einem Produkt für gerade mal 15 Euro von einem japanischen Moderiesen. Wobei ich nach einem Jahr sagen kann: Für Massenware ist die Tasche erstaunlich gut. Bislang hat sie diverse Städtetrips, Konzerte, Club- und auch Freibadbesuche unbeschadet überstanden.

Das wusste natürlich noch keiner, als Influencer auf Tiktok die Tasche vor rund zwei Jahren scharenweise in die Kamera hielten, und das, obwohl sie eigentlich kein Hingucker ist. Sie ist nicht mal ein knappes Gut, wie bei Labubus oder Dubai-Schokolade, bei denen der Reiz zum Größtenteil darin liegt, überhaupt erst an sie heranzukommen. Sie ist jederzeit online verfügbar, es fallen nur 3,95 Euro Versandkosten an, und fast jeder kann sie sich leisten. Sie ist aus Polyester, einfarbig, in der Form eines Halbmonds, unisex, sieht nicht besonders groß aus. Der Stoff fasst sich nicht besonders gut an, sie rundet kein Outfit ab. Es gelingt ihr gerade so, nicht hässlich zu sein, sie baumelt einfach unauffällig von der Schulter.

Ein kleines Raumbwunder

Der USP, wie es in Fachsprache so schön heißt, ist in dem Fall denkbar einfach: Die Tasche ist unfassbar praktisch. Ich würde sogar behaupten: Es ist die praktischte Tasche, die ich jemals hatte, und im Laufe meines Lebens haben sich schon einige Taschen angesammelt, von günstig bis teuer, von der eleganten Clutch bis zum Leder-Shopper. Komischerweise eint all diese Taschen eins: Sie haben nie die richtige Größe. Entweder muss ich vorher stundenlang Tetris spielen, Geldbeutel und Taschentuchpackungen zur Hälfte leeren und in Kauf nehmen, dass mein Schlüssel den Handybildschirm verkratzt. Oder meine Wasserflasche kullert einsam am Boden einer halbleeren, riesigen Tasche umher.

DSGVO Platzhalter

Die 15-Euro-Tasche hingegen ist ein kleines Raumwunder, womöglich verzaubert von Hermine Granger persönlich. Ich werfe meine Wasserflasche rein, Handy, Geld, Schlüssel ins Extrafach, Haargummi, Kaugummi, zwei Packungen Taschentücher, einen Jutebeutel, Kopfhörer und drei verschiedene Lipgloss. Der Reißverschluss surrt bequem zu. Sogar einen kleinen Einkauf habe ich schon in ihr versenkt: Käse, ein kleines Brot, zwei Äpfel, kein Problem. Kürzlich traf ich einen Freund, der sich zum Lesen in den Park setzen wollte, die Hände leer. Das Buch, Hardcover, 300 Seiten, zog er lässig aus der 15-Euro-Tasche hervor, als wäre es ein Pixie-Buch für Kinder. Eine Influencerin aus London hat Anfang August in einem Tiktok-Video gezeigt, wie sie mit der Handtasche sogar einen zweitägigen Paris-Trip absolviert hat.

Die Tasche ist so praktisch, dass es mir inzwischen sogar egal ist, wenn sie eigentlich zu leger für den Anlass ist. Hauptsache, ich muss auf nichts verzichten. Und ich bin nicht die einzige: In der Stadt kann ich nirgends hingehen, ohne mindestens eine Person zu treffen, die die Tasche mit sich trägt, mein halber Freundeskreis hat sie ebenfalls. Wegen der Verwechslungsgefahr ziert ein Schlüsselanhänger meine Tasche.

Ich bin jedenfalls davon überzeugt: Wenn bald niemand mehr weiß, was ein Labubu ist, wird diese Handtasche immer noch im Einsatz sein. Denn auch, wenn all die kuriosen Trends zeitweise Spaß und Spannung versprechen, ist die Tasche das, was wir eigentlich brauchen: Ein Produkt, das unser Leben wirklich angenehmer macht, das erschwinglich ist, und das uns Zeit und Nerven erspart. Letztere brauchen wir nämlich für andere Dinge. Zum Beispiel, um für den nächsten Trend anzustehen.