Formel-1-Pilot Lando Norris ist auf dem Weg zu seinem ersten WM-Titel. Doch immer noch muss der Brite um Anerkennung kämpfen.
Lando Norris muss sich fast schon wie ein möglicher Weltmeister 2. Klasse vorkommen. Auch nach seiner tadellosen Fahrt zum triumphalen Sieg beim Großen Preis von São Paulo ertönten Buhrufe – wie schon zuvor beim noch viel souveräneren Erfolg des 25 Jahre alten Briten von McLaren in Mexiko-Stadt. „Es gibt immer Leute, die versuchen, einen ein wenig herunterzuziehen“, sagte Norris: „Das ist nicht gerade das Schönste.“
Norris siegt, Verstappen streicht Lob ein
Norris‘ größtes Problem heißt Max Verstappen – nicht, wenn es um die Punkte im WM-Klassement der Formel 1 drei Rennen vor dem Ende geht. Es ist eine emotionale Sache, Verstappen krönte sich in Brasilien zum „Weltmeister der Herzen“. Aus der Boxengasse auf Platz drei. „Unglaublich“, sagte er selbst.
„Verstappen fuhr wie ein Gott!“, attestierte nun sogar die „Daily Mail“ aus Norris englischer Heimat. „Es war eine außergewöhnliche Fahrt, auch wenn Lando Norris mit seinem Sieg in Interlagos ein perfektes Wochenende hinlegte und damit einen Anspruch auf den Titel geltend machte“, schrieb der „Guardian“. Nicht anders die Lobeshymnen aus Spanien. „Norris triumphiert in Brasilien und baut seinen Vorsprung aus, doch Verstappen bleibt der König: Max liefert eine Glanzleistung vom letzten Platz“, hieß es bei „Mundo Deportivo“.
Doch der König muss seinen Thron räumen, sollte nicht noch ein kleines Formel-1-Wunder passieren. Mit 49 Punkten Rückstand reist der Gesamt-Dritte Verstappen in knapp anderthalb Wochen nach Las Vegas. Zweiter ist aktuell Oscar Piastri im zweiten McLaren.
Norris will nur noch auf sich selbst schauen
Norris scheint indes seinen Weg gefunden zu haben. „Einfach jeden ignorieren, der Müll über dich redet“, sagte der Engländer am Sonntagabend in Sao Paulo mit einem freundlichen Lächeln.
Er habe sich zu Jahresbeginn wahrscheinlich zu viele Gedanken darüber gemacht, wie die Menschen ihn wahrnehmen würden und er dargestellt werde, sagte er nach seinem siebten Saisonsieg. „Ich habe gelernt, besser mit diesen Dingen umzugehen“, betonte er. Es gehe darum, sich auf sich selbst zu konzentrieren, sagte Norris.
Viel Kritik an Norris
Das alles sagt viel aus über das Innenleben des 25-Jährigen. Norris, lange als Ausnahmetalent gefeiert, erntete in den vergangenen Monaten viel Kritik: Zu weich, zu unentschlossen sei er – untauglich, wenn es tatsächlich um den Titel gehe.
Doch Norris hat seine Kritiker in den vergangenen Wochen widerlegt. Aus einem deutlichen Rückstand nach der Sommerpause machte er 24 Punkte Vorsprung auf Piastri, 49 sind es auf Red-Bull-Pilot Verstappen. Vor den drei abschließenden Stationen in Las Vegas (22. November), Katar (30. November) und Abu Dhabi (7. Dezember) spricht wirklich alles für Norris: Die Stärke des McLaren, vor allem aber die Leistungen des Engländers.
Sein Sieg in Brasilien vor Kimi Antonelli im Mercedes sei trotz der großen Aufholjagd Verstappens „zweifellos der eines zukünftigen Weltmeisters“ gewesen, schrieb dann auch der englische „Guardian“.
Funktioniert der Red Bull, dann liefert der Niederländer Verstappen verlässlich Spitzenresultate – doch Norris scheint das nicht mehr zu kümmern. „Der Weg ist jetzt nicht mehr weit“, sagte Norris in Sao Paulo. Und wie geht er den Endspurt nun an?: „Kopf runter, Fokus auf mich. Und jeden ignorieren.“
