Sudans Armee verliert letzte Großstadt in Region Darfur

Im Sudan hat die paramilitärische Gruppe RSF die letzte von der Regierung kontrollierte Großstadt im Südwesten des Landes eingenommen. Die Armee bestätigte am Montag, sich aus der Stadt El Fascher mit rund 300.000 Zivilisten zurückgezogen zu haben. Militärherrscher Fattah al-Burhan sprach im Fernsehen davon, dass die Armee ob dieser Niederlage „Rache nehmen“ und kämpfen werde, „bis dieses Land gereinigt ist“. Die RSF-Miliz hatte bereits am Sonntag zuerst die Einnahme des Armeepostens und dann der gesamten Stadt verkündet.

Das Auswärtige Amt in Berlin zeigte sich „erschüttert“ über Berichte vom Vorgehen der Gruppe. „Kämpfer der RSF sind tief in die Stadt vorgedrungen und töten wahllos Zivilisten“, erklärte das Auswärtige Amt am Montagabend im Onlinedienst X. „Das muss sofort aufhören.“

Die RSF-Miliz habe „öffentlich zugesagt, Zivilisten zu schützen“, erklärte das Auswärtige Amt. „Sie werden sich für diese Taten verantworten müssen.“

Noch am Samstagmorgen hatte die Armee nach eigenen Angaben zwei schwere Angriffe abgewehrt. Dabei seien zahlreiche Kämpfer der Miliz getötet und verletzt worden, teilte die in El Fascher stationierte sechste Infanteriedivision mit. Keine der Angaben ließ sich zunächst unabhängig bestätigen.

El Fascher war die letzte Stadt unter Regierungskontrolle in der Region Darfur, die in dem seit zweieinhalb Jahren andauernden Konflikt fast vollständig von der Miliz eingenommen worden ist. In der Stadt leben nach UN-Schätzungen noch bis zu 300.000 Menschen unter Bedingungen, die von Helfern als humanitäre Katastrophe bezeichnet werden.

Tötungen, Folter und Vergewaltigungen befürchtet

​UN-Generalsekretär António Guterres sprach von einer „schrecklichen Eskalation des Konflikts“ im Sudan. UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk warnte vor der wachsenden Gefahr von „ethnisch motivierten Verstößen und Gräueltaten“ in El Fascher. Türks Büro erklärte, es habe „mehrere alarmierende Berichte“ über Taten der RSF-Miliz erhalten, darunter über „standrechtliche Hinrichtungen“. Ein örtliches Widerstandskomitee erklärte, RSF-Kämpfer hätten bei ihrem Einmarsch zahlreiche Gräueltaten begangen. Seit Sonntag hätten unschuldige Zivilisten „die schlimmsten Formen von Gewalt und ethnischer Säuberung“ erlitten, hieß es weiter.

Laut der Hilfsorganisationen International Rescue Committee (IRC) und Ärzte ohne Grenzen (MSF) sind in den letzten Wochen Tausende Menschen aus El Fascher in die etwa 80 Kilometer entfernte Ortschaft Tawila geflohen. Diese hätten sich den rund 400.000 Vertriebenen angeschlossen, die bereits dort leben. Die hohe Zahl an Hilfsbedürftigen belaste die ohnehin begrenzten Ressourcen und Dienstleistungen enorm. Angesichts der eskalierenden Kämpfe rufen UN, IRC und MSF eindringlich zum Schutz der Zivilbevölkerung auf.

Im Sudan herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. Die Miliz ist aus arabischen Reitermilizen hervorgegangen, denen – damals gemeinsam mit der sudanesischen Armee – ein Genozid an der ethnisch-afrikanischen Bevölkerung in Darfur mit bis zu 300.000 Toten vorgeworfen wird.