Trends, Strategien und Lehren vom Event

Der BVL Supply Chain CX 2025 ist zu Ende: Die zentralen Fragen, die die Teilnehmer und Aussteller auf dem Logistik-Event der Bundesvereinigung Logistik (BVL) vom 22. bis 24. Oktober bewegten, waren:

  • Wohin geht die Reise in Logistik und Supply Chain Management (SCM) in Zukunft?
  • Wie müssen sich Unternehmen in unsicheren Zeiten wie diesen jetzt aktuell aufstellen?
  • Welche Innovationen und Lösungen helfen da?

Und so viel gleich vorneweg: Sie alle wurden nicht enttäuscht. Denn unter dem Motto „Embracing Change“ – den Wandel gestalten, gelang es dem Veranstalter, der Bundesvereinigung Logistik (BVL), in diesem Jahr ein Programm zusammen zu stellen, das wichtige Impulse setzte. Ganz im Sinne, wie es Kai Althoff, Vorstandsvorsitzender der BVL, in seiner Eröffnungsrede betont hatte: „Wir müssen den Wandel als Vorteil zu nutzen.“ Allerdings brauche dies Zeit zur Reflexion, sagte er da. Zeit die die Unternehmen aber oft nicht haben. So gesehen wolle die BVL Supply Chain CX die Plattform sein, formulierte es Althoff. Hier die wichtigsten Highlights, Trends und Themen auf der BVL Supply Chain CX 2025 in Berlin

Wichtiger Indikator, welche Trends die Logistiker und Supply-Chain-Verantwortlichen in Industrie, Handel und Logistik bewegen, ist die Studie „Trends und Strategien in Logistik und Supply Chain Management“ der BVL, erstellt von Professor Wolfgang Kersten, Institutsleiter für Logistik und Unternehmensführung der Technischen Universität Hamburg, und von Professor Martin Schwemmer für internationale Verkehrsbetriebswirtschaft der Hochschule Heilbronn.

Die zwei Top-Trends sind laut der aktuellen Studie 2025 die Themen „Cybersicherheit“ und „Digitalisierung der Geschäftsprozesse“, wie schon in der letzten „Trends und Strategien“-Studie im Jahr 2023.  Das Thema „Kostendruck“ gewinnt dagegen an Bedeutung und nimmt nun dritten Platz ein (plus ein Platz im Vergleich zu 2023). Einen deutlichen Sprung nach oben machten zudem die Trend-Themen „Automatisierung“ (Platz 4, plus fünf Plätze im Vergleich zu 2023), „Business Analytics“ (Platz 5, plus sechs Plätze) sowie Künstliche Intelligenz (Platz 12, plus sieben Plätze).

Dramatisch an Bedeutungen verloren haben in der aktuellen Studie dagegen die Themen „Personalmangel“ (Platz 15, minus 12 Plätze), „Nachhaltigkeit“ (Platz 16, minus 9 Plätze) und „New Work“ (Platz 20, minus fünf Plätze). Sie sind laut der aktuellen Studie die beiden „Absteiger“-Themen des Jahres 2025.

„Militär trifft Zivil: Von der Zeitenwende in den Goldrausch?“ –  unter diesem Titel fand das erstmalig initiierte Networking-Forum mit namhaften Vertretern der Bundeswehr und Logistikbranche für eine stärkere Logistik-Kooperation statt. „Wir wollen in Zeiten, in denen Kriegstüchtigkeit und wirksame Abschreckung an Bedeutung gewinnen, das gegenseitige Verständnis erhöhen“, erklärte BVL-Vorstandsvorsitzender Althoff die Zielsetzung des neuen Formats. Zentrale Frage dabei: wie können angesichts der veränderten Sicherheitslage Bundeswehr und Logistikunternehmen in Zukunft enger zusammen arbeiten, möglicherweise auch miteinander ins Geschäft kommen?

Sprecher waren Generalmajor Jochen Deuer, Kommandeur des Logistikkommandos der Bundeswehr, Peter Glück vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, Brigadegeneral Matthias Jozwiak, Klaus Lübbers, Leiter Defense Solutions bei der Dirks Group, Michael Quaden, Program Director Defense Solutions bei Fiege, , Peter Scheid vom Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr.

Zentrale Aussage von Jochen Deuer, Kommandeur des Logistikkommandos der Bundeswehr: „Wir haben einen zwingenden Bedarf, auch in der Logistik auszubauen, und dabei werden auch zivilrechtliche Leistungserbringer dringend gebraucht.“ Hintergrund dafür ist: Deutschland übernimmt im NATO-Bündnis eine doppelte Rolle: als Host Nation für verbündete Truppen und als Transitland für militärische Transporte in Richtung Osten.

Eine Aufgabe, die laut Brigadegeneral Matthias Jozwiak nur im Zusammenspiel mit zivilen Akteuren gelingen könne. Ziel sei es, die liberale Demokratie durch glaubhafte Abschreckung zu schützen und im Ernstfall verteidigungsfähig zu sein.

Top-Gesprächsthema war die Sorge um die deutsche Wirtschaft. Sowohl auf der spannenden Kongress-Sequenz „Geopolitik und Standort Deutschland“ mit Duisport-CEO Markus Bangen, Chef-Volkswirt Carsten Klude von MM Warburg & Co., BLG-Logistics-CEO Matthias Magnor und TAZ-Redakteurin Ulrike Herrmann, aber auch und vor allem auf den Hotel-Fluren Berlin war die Sorge um die deutsche Wirtschaft.

Von einem „Niedergang der deutschen Wirtschaft“, wie es Clemens Fuest, Präsident des Ifo Instituts für Forschung, dieser Tage formulierte, will zwar noch keiner sprechen. Doch die anhaltende Rezession und insbesondere das Fortschreitend der Deindustrialisierung drückt die Unternehmen massiv, wie sich im Gespräch zeigt. „Jeden Tag wandern aus meiner Region Industriebetriebe ins Ausland ab, oder aber verlagern dorthin ihre Produktion“, äußern sich Firmenchefs gegenüber der Verkehrsrundschau besorgt. Und die Politik mache dagegen nichts. Stattdessen werde Deutschland, fürchten sie, zum geopolitischen Spielball, wie der Kampf um den chinesisch-niederländischen Chip-Hersteller Nexperia gezeigt habe. Und so mancher fürchtet jetzt schon Produktions-Stopps, etwa bei Automobilern, in absehbarer Zukunft.

Diese Unzufriedenheit mit der Politik spiegelt sich im Übrigen auch in den Zahlen der jüngsten Studie „Trends und Strategien in Logistik und Supply Chain Management“ wieder, die auf dem Logistik-Event präsentiert worden: Demnach stimmen nur sechs Prozent der befragten Unternehmen der Aussage zu, dass der Bereich Logistik und Supply Chain Management durch die Politik angemessen vertreten wird. 60 Prozent stimmen nicht zu, 34 Prozent sind unentschieden.

Stolzer Gewinner des Deutschen Logistik-Preis 2025 war in diesem Jahr das Familienunternehmen Strauss (vormals Engelbert Strauss).  Der Arbeits- und Berufskleidungs-Spezialist erhielt die renommierte Auszeichnung der BVL für sein Brownfield-Revitalisierungs-Projekt am Stammsitz in Biebergemünd. Zu den weiteren Finalisten des Deutschen Logistik-Preises 2025 zählten in diesem Jahr die Unternehmen Siemens und Tchibo.

Gewinnerin des „Wissenschaftspreis Logistik 2025“ der BVL ist Carolin Brenner. Sie erhielt auf der BVL Supply Chain CX die Auszeichnung für ihre Dissertation „Interoperabilität beliebiger fahrerloser Transportfahrzeuge durch eine einheitliche Bewegungskoordination für die zukünftige vernetzte Intralogistik“. Mit ihrer Forschung zu fahrerlosen Transportfahrzeugen hat sie laut BVL wissenschaftliche Maßstäbe gesetzt.

Die BVL Supply Chain CX 2025 war ein Erfolg. Das Konzept „Kongress“ und „Expo“ geht auf, und das Kongress-Programm traf den Nerv vieler Besucher. Schade nur, dass sich die Wirtschaftsschwäche Deutschlands in den Besucher- und Aussteller-Zahlen widerspiegelte, was aber auch zu vielen großen Messen in diesem Jahr geschuldet sein kann. So zählte die BVL in diesem Jahr rund 2300 Teilnehmer und rund 120 Aussteller. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren es über 2600 Besucher und über 140 Aussteller gewesen.

Immerhin gibt es erste vorsichtige Zeichen einer Trendwende in der Logistik: „Für 2025 rechne ich da zwar noch mit einer Stagnation, aber 2026 mit einem spürbaren Wachstum“, formulierte es Kai Althoff, BVL-Vorstandsvorsitzender, auf der BVL Supply Chain CX 2025 – mit Verweis auf das mittlere Szenario der Herbstprognose des Expertengremiums der Logistikweisen um Professor Christian Kille von der TH Würzburg-Schweinfurt, die drei Szenarien (ein Best-Case-, ein Trend- und ein Worst-Case-Szenario) gerechnet hatten.

Eine Prognose, die im Übrigen auch andere Firmenchefs gegenüber der VerkehrsRundschau am Rande des Kongresses äußerten. „Spätestens im dritten Quartal 2026 geht es wieder mit der deutschen Wirtschaft nach oben“, hieß es da unisono.