
Die SPD-Politikerin Wiebke Esdar hat in Bielefeld eine „Stadtbild“-Demonstration angeführt und damit die Union verärgert. „Opposition in der Regierung – das hat noch nie funktioniert“, sagt Jens Spahn. Esdar verteidigt sich.
Die Teilnahme von SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar an einer Demonstration gegen die „Stadtbild“-Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sorgt bei der Führung der Unionsfraktion für Verärgerung. „Opposition in der Regierung – das hat noch nie funktioniert“, sagte Unionsfraktionschef Jens Spahn sagte (CDU) in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.
Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger, kritisierte im „Tagesspiegel“: „Wer als SPD-Führungskraft gegen den Bundeskanzler der gemeinsamen Koalition demonstriert, trägt leichtfertig dazu bei, dass die Menschen uns weniger zutrauen, gut zu regieren.“
Am Freitag hatte Esdar in Bielefeld mit 3000 weiteren Teilnehmern auf einer Kundgebung gegen Merz‘ „Stadtbild“-Äußerung protestiert. Esdar führte die Kundgebung in der ersten Reihe hinter einem Plakat mit der Aufschrift „Zusammenhalt statt Spaltung“ mit an.
Esdar: „Ich nehme mein Demonstrationsrecht wahr“
„Ich nehme mein Demonstrationsrecht wahr – wie es zum Glück in Deutschland jedem zusteht“, sagt Esdar der „Neuen Westfälischen“. Sie sagte weiter, das Motto „Wir sind das Stadtbild“ stehe für eine bunte, weltoffene Stadt ohne Diskriminierung. Aussagen von Friedrich Merz seien pauschal und verletzend. In Berlin wolle sie weiterhin konstruktiv mit dem Kanzler und der Union um „Lösungen für unser Land“ ringen.
Spahn und Bilger mahnten ein gemeinsames Handeln in der Koalition an. „Lassen Sie uns ins Tun kommen, damit wir die Sicherheit erhöhen, damit wir Recht durchsetzen, damit das Stadtbild wieder so wird, dass alle mit und ohne Migrationshintergrund sich wohlfühlen“, betonte der Fraktionsvorsitzende. Auch Bilger mahnte, die Koalition könne nur erfolgreich sein, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen. „Jeder einzelne Abgeordnete der Koalition muss sich seiner großen Verantwortung bewusst sein“, sagte Bilger weiter.
Merz hatte am 14. Oktober bei einer Frage nach seiner Strategie gegen die AfD auf die Eindämmung der irregulären Migration verwiesen. Dort sei man „sehr weit“, sagte Merz und ergänzte: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen.“ Später sagte er auf Nachfrage: „Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte.“
Am Mittwoch konkretisierte er dann, Probleme würden diejenigen Migranten machen, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten, nicht arbeiteten und die sich auch nicht an die in Deutschland geltenden Regeln hielten. Finanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hatte Merz eine „Spaltung mit Sprache“ vorgeworfen.
Spahn: „Linker Empörungszirkus“ gegen Merz
Spahn nahm Merz hingegen in Schutz: „Der Bundeskanzler spricht aus, was die große Mehrheit der Deutschen denkt. Der linke Empörungszirkus der letzten Tage – der geht ja an der Realität der Menschen vorbei. Die allermeisten haben von Anfang an auch gewusst, was er meint“, sagte der Fraktionschef. An anderer Stelle sprach Spahn von einer „grün-linken Empörungsrhetorik plus Rassismuskeule“. „Das ist genauso das, was die extreme Rechte stark macht. Probleme lösen macht sie klein“, betonte Spahn.
Es gehe nicht um Hautfarbe oder Ethnien und auch nicht um die große Mehrheit der Menschen mit Migrationshintergrund in erster, zweiter, dritter Generation, die die Zukunft des Landes mitgestalten wollen. „Sondern um Situationen an Hauptbahnhöfen, Marktplätzen, wo wir Verwahrlosung sehen. Um Straßenzüge und Stadtteile, wo Juden, Schwule, Frauen sich nicht hintrauen. Wo wir steigende Kriminalität haben“, sagte Spahn.
„Ich möchte Stadtbilder haben, wo Schwule und Juden zeigen können, wer und was sie sind, ohne Angst haben zu müssen“, betonte Spahn. „Ich möchte Weihnachtsmärkte haben, die nicht wie Festungen aussehen müssen“, fügte er hinzu. „Viele Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sehen es genauso“, sagte der CDU-Politiker.
dpa/sebe
