China zwingt deutsche Firmen zur Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen

Deutschlands Wirtschaft ist auf Seltene Erden aus China angewiesen. So sehr, dass Peking die Firmen nun erpresst. Einem Medienbericht zufolge müssen Firmen für eine Exportgenehmigung Geschäftsgeheimnisse offenlegen – inklusive Fotos, Fertigungsdiagramme und Kundendaten.

Die deutsche Wirtschaft ist China zunehmend ausgeliefert. Wie die US-Nachrichtenagentur „Bloomberg“ berichtet, müssen deutsche Firmen Peking vertrauliche Daten weitergeben, um Seltene Erden aus der Volksrepublik exportieren zu können. Dabei handelt es sich um 17 Elemente, die für moderne Technologien wie E-Autos und Smartphones unverzichtbar sind.

Im April hatte China die Exportregeln eingeführt, im Oktober noch einmal deutlich verschärft. Teilweise verlangt Peking auch ein Mitspracherecht beim Weiterexport von Gütern, in denen chinesische Materialien verbaut sind. Um eine sechsmonatige Exportlizenz zu erhalten, müssen Firmen detaillierte, vertrauliche Daten einreichen.

Die Anträge verlangen unter anderem Produktfotos, Angaben zur genauen Verwendung der Mineralien, Fertigungsdiagramme und Kundendaten. In manchen Fällen werden zudem die Produktionszahlen der vergangenen drei Jahre sowie Prognosen für die nächsten drei Jahre gefordert, berichtet „Bloomberg“. Diese Informationen könnten Peking dabei helfen, Deutschlands Schwachstellen zu identifizieren, beispielsweise welche Firmen nur einen chinesischen Lieferanten haben oder über geringe Vorräte verfügen.

Man sehe „die kontinuierliche Ausweitung der chinesischen Exportkontrollen mit großer Sorge“, teilte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums mit. Die Bundesregierung nutze „alle zur Verfügung stehenden Kanäle“, um die Angelegenheit anzugehen. Eigentlich wollte Außenminister Johann Wadephul (CDU) das Thema in Peking ansprechen, doch seine China-Reise wurde kurzfristig abgesagt.

Umfrage: China genehmigte nur 19 von 141 Exportanträgen

Bereits jetzt führen Lizenzverzögerungen zu Produktionsstopps. Laut der Europäischen Handelskammer in China (EUCCC) zeigte eine Umfrage im September unter 22 Unternehmen, dass von 141 Exportanträgen nur 19 genehmigt wurden. Dies führte zu 46 Produktionsstopps im September und vermutlich bis zu zehn weiteren bis Dezember. Um die Lizenzierung zu beschleunigen, übergab die deutsche Botschaft in Peking eine Prioritätenliste. Diese half großen Firmen wie den Autobauern, kleinere Unternehmen ohne Lobby blieben jedoch außen vor, berichtet „Bloomberg“.

Deutsche Unternehmen haben kaum eine Wahl, als sich den Vorgaben zu fügen: 95 Prozent der in Deutschland verwendeten Seltenen Erden stammen nach Angaben des deutschen Mercator Institute for China Studies (Merics) aus China – mehr als in jedem anderen EU-Land. „Die gesammelten Informationen könnten die Dominanz chinesischer Firmen zementieren und Peking bessere Bedingungen für ihre Präsenz und Investitionen in Europa verschaffen“, sagte Rebecca Arcesati, Analystin bei Merics. „Aus Pekinger Sicht ist es ein enormer Vorteil, Einfluss darauf zu haben, wie industrielle Lieferketten aufgebaut werden.“

Das chinesische Handelsministerium argumentiert, die Regeln dienten der „besseren Verteidigung des Weltfriedens“, und verweist auf die mögliche Nutzung der Mineralien in der Militärtechnologie. Peking habe zudem signalisiert, dass Unternehmen, die über ihren Produktionsbedarf hinaus bestellen, des Schmuggels für militärische Zwecke oder in die USA verdächtigt würden, berichtet „Bloomberg“.

Tatsächlich könnte China mittels der Exportregeln auch die Aufrüstung der Bundeswehr ausspionieren. „Durch all die Informationen, die sie derzeit sammeln, erhalten die chinesischen Behörden wahrscheinlich auch ein Bild der Verteidigungsindustrien in Nato-Ländern und davon, wie eng diese miteinander verflochten sind“, sagte China-Expertin Arcesati.

Unternehmen fühlen sich vom Wirtschaftsministerium alleingelassen

Die Bundesregierung hat das Problem zumindest erkannt. So verschickte das Wirtschaftsministerium laut „Bloomberg“-Recherche Fragebögen an Unternehmen, um einerseits besser zu verstehen, welche Informationen China sammelt, und andererseits vergleichbare Daten von den Firmen zu erhalten. Laut Insidern sind diese jedoch unbeantwortet geblieben.

Anschließend wurden Unternehmensvertreter ins Ministerium eingeladen, um das Thema zu besprechen — auch dies habe nur wenig Informationen gebracht. Bindende Verpflichtungen zur Weitergabe der Daten wären politisch heikel. Deutsche Unternehmen klagen, sie seien von Bürokratie erdrückt, obwohl die Koalition unter Merz mit dem Versprechen angetreten war, die Bürokratie zu reduzieren.

Die Industrie fühlt sich indes ignoriert: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte Ministerin Katherina Reiche (CDU) im Sommer um ein Gespräch gebeten, erhielt jedoch keine Rückmeldung, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen. „Das BMWE steht dazu in engem und regelmäßigem Austausch mit den betroffenen Unternehmen und Verbänden, auch mit dem BDI, insbesondere bezüglich ihres Chinageschäfts“, so das Wirtschaftsministerium.

sebe/Bloomberg