Als Obelix im fernen Lusitanien einen Steinbruch entdeckt, glaubt er gleich, mit den einheimischen Kollegen über die Vielfalt von Hinkelsteinen fachsimpeln zu können. Zu seiner Verwunderung fertigen sie jedoch keine wuchtigen, spitz zulaufenden Kolosse, sondern armselige kleine Würfel! Kein Wunder: Hier gewinnt man aus hellem Kalkstein jene weißen Pflastersteine, die für das typische lusitanische Muster mit schwarzen aus Basalt kombiniert werden.
Das gerade erschienene 41. Asterix-Abenteuer „Asterix in Lusitanien“ entführt die beiden berühmtesten Franzosen der Antike – Asterix, Obelix plus Idefix – ins antike Portugal. Dessen antike Entsprechung wurde von den Römern nach dem Volk der Lusitaner benannt, die keltische Ursprünge hatten.
Die Reise führt die beiden Gallier zunächst an die Algarveküste und dann in die Metropole Olisipo, wie Lissabon damals hieß. Die beiden Widerständler wurden um Hilfe gebeten, den Koch Schâoprozes, berühmt für sein „Garum“, einen Sud aus vergorenem Fisch, aus römischer Haft zu befreien. Er wird zu Unrecht beschuldigt, einen Giftanschlag auf Cäsar verübt zu haben.
Fabcaro (Text), Didier Conrad: „Asterix in Lusitanien“. Aus dem Französischen von Klaus Jöken. Egmont Ehapa Verlag, Berlin 2025. 48 Seiten, 13,50 Euro (Hardcover) / 7,99 Euro (Softcover)
Seit dem Debüt des Comics „Astérix“ 1959 im französischen Jugendmagazin Pilote alternieren Geschichten, die in der Heimat Aremorica spielen, mit Reiseabenteuern. Besonders reizvoll erwies sich dabei das Aufeinandertreffen der gallischen Provinzler mit anderen Kulturen: Die Besonderheiten der jeweiligen Völker wurden humorvoll aufs Korn genommen, und die Gallier erweiterten am Ende ihren Horizont. Höhepunkte waren etwa die Alben um stolze Korsen, in Hieroglyphen sprechende Ägypter oder indigene Völker Nordamerikas.
Dynamischer Zeichenstrich
An diese von René Goscinny und Albert Uderzo geschaffene Tradition knüpft auch „Asterix in Lusitanien“ an. Seit 12 Jahren wird die Reihe von Didier Conrad gezeichnet, der Uderzos virtuosen, dynamischen Zeichenstrich nahezu perfekt weiterführt. Diesmal kann er in sonnigen Küstenlandschaften und folkloristisch anmutenden Szenen schwelgen, bei denen eine gewisse Amalia (Vorbild: die legendäre Amália Rodrigues, 1920–99) den Fado singt. Gelbe Pferdekarren nehmen die typischen Straßenbahnen des heutigen Lissabons vorweg.
Autor und Szenarist Fabcaro legt nach seinem erfolgreichen Start „Die weiße Iris“ (2023), dem meistverkauften Album der Nach-Uderzo-Ära, seinen zweiten Asterix-Band vor, in dem er genüsslich mit kulturellen Besonderheiten Portugals spielt.
Da darf auch die „Saudade“ nicht fehlen – die lusitanische Melancholie. Im Land der schwarzen Schnauzbärte raunt ein jeder von Verfall und Vergänglichkeit. Ein sonniges Gemüt wie „Kokolores“ ist da eine Ausnahme, doch dessen Optimismus wird mit einem schweren Arbeitsunfall entschuldigt.
Die Lusitanier werden als gastfreundliche und besonders fleißige Leute charakterisiert, die überall Straßen ausbessern oder andere Dienste für die römischen Besatzer leisten. Das erinnert an die Massen portugiesischer Gastarbeiterfamilien, die in der Nachkriegszeit nach Frankreich zogen. Im römischen Knast verlangt ein Gefangener nach Nelken – eine Anspielung auf die Nelkenrevolution im Portugal der Siebzigerjahre.
Dekadente Orgie
Doch der Humor erschöpft sich nicht in Länderspezifischem. Wenn die Helden den protzigen Firmensitz des römischen Garum-Händlers Croesus Lupus aufsuchen – einer fulminanten Karikatur des wohl bekanntesten italienischen Kapitalisten der letzten 50 Jahre, Silvio Berlusconi –, werden sie mit Ritualen konfrontiert, die an digitale Technologien und Werbekampagnen erinnern.
Spätestens auf der dekadenten großen Orgie jenes Verschwörerkreises, der den unschuldigen Schâoprozes ins Kittchen brachte und Cäsar stürzen will, werden Leserinnen und Leser Parallelen zum Tech-Milliardärs-Klub eines Donald Trump auffallen.
Auch dieser Band ist also voller politischer Anspielungen, in guter Tradition verlagert er seine Kritik an heutigen Zuständen in die Antike.
