„Neu mit Etikett“ – so preist man sonst eine Handtasche an, nicht die Juwelen der französischen Krone. Während sich ganz Europa fragt, was aus den geklauten Schmuckstücken aus dem Louvre geworden ist, tauchen auf der Secondhand-Plattform Vinted seit Tagen Inserate genau dieser Juwelen auf.
Neun Schmuckstücke wurden am Morgen des 19. Oktobers aus der Galerie d’Apollon entwendet – eines davon verloren die Täter auf der Flucht. International berichten die Medien, die Ermittlungen laufen, Interpol listet die Objekte als gestohlen – und sie werden als „echte Museumsqualität“ auf Vinted angeboten.
„Echte Museumsqualität“
Die noch acht verschwundenen Stücke scheinen im Netz ihr Eigenleben zu führen. Nutzerinnen und Nutzer stellen Fotos der berühmten Stücke vom grünen Smaragdcollier bis zum Diamantbroschen-Set online. Dabei nutzen sie teilweise KI-generierten Bilder, teilweise alte Fotos aus dem Louvre. Natürlich handelt es sich nicht um echte Angebote. Das Internet machte aus einem Kunstraub binnen Stunden eine Welle aus Memes und Fake-Inseraten. Zwischen gebrauchtem Modeschmuck, Klamotten und Büchern finden sich plötzlich royale Schmuckstücke – inklusive unterschiedlicher Versandoptionen. Wobei manche auch dazuschreiben, dass sie das Stück aus gegebenem Anlass nur persönlich übergeben würden.
„Eine magische Halskette, die an die im Louvre erinnert, die sich einfach in Luft aufgelöst hat“, preist ein Nutzer die Kette von Napoleons erster Frau Marie-Louise an. „Nur wenige Male getragen, absolut nicht gestohlen, unschätzbarer Wert“, steht unter einem Inserat der ebenso entwendeten Saphirkette. Die längst wiedergefundene Krone stellt jemand anderes mit dem französischen Wortspiel „un bonne apart“ ein und erklärt, dass die Krone durch einen Sturz beim Transport nur leicht beschädigt sei. Die Marke? Lelouvre.

In manchen Posts tragen – Bildbearbeitung sei dank – plötzlich Prominente wie der französische Autor Pierre-Jean Chalençon oder der Fußballspieler Lionel Messi die Schmuckstücke. Sie werden zu Preisen zwischen 30 600 Euro und ein paar wenigen Euros angeboten. Dass sie weit unter ihrem echten Wert eingestellt werden, liegt an der Preisgrenze: 30 600 Euro ist der maximal einstellbare Verkaufspreis bei Vinted.

Auch auf Instagram landen die Angebote
Auf Instagram werden die Fake-Inserate geteilt und kommentiert. „Mal wieder typisch Vinted – als neu ausgeben, aber selbst gebraucht bekommen“, schreibt eine Nutzerin. Eine andere kommentiert, als würde sie die Verkäufer wie es auf der Plattform üblich ist, bewerten: „Netter Kontakt, super unkompliziert, nur minimal shady. Gerne wieder, 10/10 Sternen.“
Manche Menschen sind eher besorgt, so schreibt jemand: „Da freuen sich die Ermittler sicher drüber …“ Auch andere scheinen den Verkauf eher problematisch zu finden: „Wäre schon lustig, wenn jemand die alle anzeigt und dann bei denen morgens um 5 die Polizei ’ne Hausdurchsuchung macht.“
Auf Anfrage teilt die Pressestelle von Vinted mit, dass die verdächtigen Angebote sofort entfernt werden, sobald sie gemeldet oder von den eigenen Erkennungssystemen entdeckt werden. Vinted wolle jedoch zu den genauen Maßnahmen nicht mehr sagen, „da dies Tätern oder Betrügern helfen könnte, Wege zu finden, unsere Systeme zu umgehen“. Gegebenenfalls arbeite man auch mit der Polizei zusammen.

Nach und nach verschwinden so die meisten Schmuckstücke wieder von der Plattform. Nach den Regeln von Vinted sind solche nicht real existierenden Angebote ohnehin verboten. „Es ist auch nicht erlaubt, etwas anzubieten, das kein tatsächlicher Artikel ist, etwa zum Zweck des Trollens.“ Auf dem Bildschirm bleibt dann nur ein graues Kästchen und die Auskunft: „Artikel wurde entfernt“ – zumindest bis zum nächsten Inserat.
