Kooperation mit Taliban: Österreich schiebt wieder nach Afghanistan ab

Österreich hat am Dienstagmorgen erstmals wieder einen Straftäter nach Afghanistan abgeschoben. Der 1994 geborene Mann, der in Österreich eine vierjährige Haftstrafte wegen schwerer Körperverletzung und Vergewaltigung verbüßt hatte, sei am frühen Morgen über Istanbul nach Kabul überstellt worden, teilte das Innenministerium in Wien am Dienstag mit.

Es ist die erste Abschiebung nach Afghanistan seit der Machtübernahme der islamistischen Taliban im August 2021. Nach Informationen der F.A.Z. wurde der abgeschobene Mann am Dienstagmorgen in Istanbul von österreichischen Beamten an Vertreter der defacto-Regierung der Taliban übergeben.

Deutschland führte schon zwei Abschiebeflüge durch

Österreich hatte im Januar erstmals Beamte nach Kabul geschickt, um Abschiebungen auf technischer Ebene vorzubereiten. Im September reiste eine Delegation der Taliban nach Wien. Nach Informationen der F.A.Z. wurden dabei zunächst 30 Personen von den Taliban-Vertretern als Afghanen identifiziert, die nun abgeschoben werden können.

Österreich hatte im Juli als erster EU-Staat wieder Abschiebungen nach Syrien aufgenommen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach kürzlich im Interview mit der F.A.Z. von einer „absoluten Notwendigkeit“, verurteilte Straftäter in ihre Heimatländer zurückzubringen. „Jeder verurteilte Straftäter, der aus Europa weg ist, macht Europa sicherer.“ Für diese Notwendigkeiten stehe er auch in engem Kontakt zur deutschen Regierung.

Deutschland hat im Frühjahr bereits zwei Abschiebeflüge nach Afghanistan durchgeführt, die mit Charterflugzeugen auf Vermittlung Qatars abgewickelt wurden, um direkte Kontakte zu den Taliban zu vermeiden. Derzeit führt Berlin auf technischer Ebene Gespräche mit den Vertretern der Islamisten über eine direkte Zusammenarbeit, um demnächst auch per Linienflug abschieben zu können.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bezeichnete die Verhandlungen am Wochenende als „weit fortgeschritten“. Berlin hatte der afghanischen defacto-Regierung zugestanden, zwei Konsularbeamte nach Deutschland zu entsenden, aber stets betont, dass dies keine Anerkennung des Regimes bedeute. Auch Österreichs Innenminister Karner hob am Dienstag auf hervor, dass man zu den Taliban Kontakte nur „auf technischer Ebene“ unterhalte.

Am Wochenende hatten 20 EU-Staaten, darunter Deutschland und Österreich, die EU-Kommission aufgerufen, mehr Möglichkeiten zu schaffen, um Afghanen ohne Aufenthaltsrecht in ihre Heimat zurückzubringen.