
Viele Autofahrer bekommen in diesen Tagen Post von ihrem Versicherer, in der er ihnen die Beitragshöhe für das kommende Jahr mitteilt. Die Beiträge werden steigen, auch wenn dieser Anstieg nicht so stark ausfallen wird wie in den Vorjahren. „Die Versicherer werden mindestens die Inflation ausgleichen müssen mit ihren Tarifmaßnahmen“, sagte Stefan Schmuttermair, Bereichsleiter Kfz bei der Hannover-Rück-Tochter E+S Rück, beim Rückversicherungstreffen in Baden-Baden. Der durchschnittliche Schaden werde sich im kommenden Jahr um fünf bis sechs Prozent verteuern, der durchschnittliche Beitrag wird voraussichtlich ebenso stark steigen.
Bis zum 30. November haben Autofahrer nun die Möglichkeit, auf ihr Versicherungsschreiben zu reagieren, sie können etwa den Vertrag kündigen, um zu einem günstigeren Kfz-Versicherer zu wechseln. Rund ein Viertel der Kunden hat eine abweichende sogenannte Hauptfälligkeit. Das heißt, sie bekommen zu einem anderen Zeitpunkt im Jahr den Brief mit den Preiserhöhungen.
Die fünf bis sechs Prozent sind noch ein moderater Anstieg verglichen mit den Vorjahren. Die Versicherer waren wegen höherer Schäden und stark steigenden Kosten für Werkstattlöhne und Ersatzteile für Reparaturen in die roten Zahlen geraten – und hatten in der Folge die Preise rabiat erhöht. Seit 2021 sind sie um rund 30 Prozent gestiegen. In diesem Jahr legte der Durchschnittsbeitrag in der Kfz-Haftpflichtversicherung laut E+S Rück um 9,7 Prozent auf rund 305 Euro pro Jahr zu, in der Vollkaskoversicherung stieg er sogar um 15,2 Prozent auf 430 Euro pro Jahr.
Der Rückversicherungsmarkt steht vor einem Wendepunkt
Inzwischen hat sich die Situation bei den Kfz-Versicherern etwas beruhigt. Weil große Hagelstürme und Hochwasser in diesem Jahr ausgeblieben sind, halten sich die Schäden in Grenzen, auch wenn die Werkstatt- und Ersatzteilkosten weiter steigen. Die Kfz-Versicherer werden nach Einschätzung der E+S Rück 2025 und auch 2026 wieder einen kleinen Gewinn machen. Die Situation ist je nach Versicherer aber sehr unterschiedlich. „Es gibt eine große Anzahl an Anbietern, die noch Aufholbedarf haben“, sagte Schmuttermair. Andere stehen besser da und müssen die Beiträge nicht so stark anpassen oder können sie sogar stabil halten. Mit Preisnachlässen rechnet er aber frühestens im Jahr 2027.
Weil Kfz-Policen als Türöffner für die Kundenverbindung gelten, neigen die Anbieter dazu, sich in der Sparte einen harten Wettbewerb zu liefern. Auf Phasen mit stark steigenden Preisen folgen mit großer Verlässlichkeit wieder Prämiensenkungen. Die Zahl der versicherten Fahrzeuge legt dabei nur leicht zu. „Wenn die Zahl der Risiken nicht wächst, können die Versicherer nur noch im bestehenden Markt wachsen“, erklärte Schmuttermair. „Das geschieht durch Verdrängungswettbewerb.“ Er rechnet damit, dass das einigen der heute rund 90 Kfz-Versicherern allmählich zu viel wird. „Es ist zu erwarten, dass die Zahl der Anbieter mittelfristig sinken wird“, glaubt er.
Die E+S Rück hat einen guten Überblick über den deutschen Autoversicherungsmarkt, weil sie einen großen Teil der Anbieter auf dem deutschen Markt rückversichert. Sie nimmt ihnen also besonders große Risiken ab.
Mit diesem Geschäftsmodell haben die Rückversicherer in den vergangenen Jahren sehr gut verdient. Das könnte sich in den kommenden Jahren jedoch ändern. „Der Rückversicherungsmarkt ist an einem Wendepunkt angekommen“, sagte Jan-Oliver Thofern, Chef für das Rückversicherungsgeschäft des Maklers Aon Deutschland in Baden-Baden. Die Preissetzungsmacht der Rückversicherer sei an ein Ende gekommen. In dem badischen Kurort treffen sich die Rückversicherer und ihre Kunden jedes Jahr, um die Preise für das kommende Jahr zu verhandeln.
E+S-Rück-Chef und Hannover-Rück-Vorstand Thorsten Steinmann sieht zwar ebenfalls einen weicher werdenden Markt – das heißt sinkende Preise und bessere Bedingungen für die Kunden, sagt aber dennoch: „Wir gehen trotzdem davon aus, dass sich die Preise auch 2026 noch auf risikoadäquatem Niveau bewegen werden.“ Ob das auch für die Jahre nach 2026 zutreffen wird, lässt sich noch nicht sagen. „In die Preisentwicklung spielen viele Elemente mit rein, ich bin aber sehr optimistisch für die Rückversicherung.“