Geopolitik: Alarmstufe Grau | DIE ZEIT

Kaum etwas bedroht westliche Demokratien so sehr wie die aggressive Grauzonenpolitik von Putin und Trump. Doch das Gegenmittel besteht nicht im Schwarz-Weiß-Denken.

Geopolitik: Zwei Grauzonen-Politiker mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Wladimir Putin und Donald Trump
Zwei Grauzonen-Politiker mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Wladimir Putin und Donald Trump
© [M] DIE ZEIT, verw. Bild: Sputnik/​Sergey Bobylev/​Pool/​Reuters

Der Begriff, der die derzeit größte Bedrohung für westliche Demokratien beschreibt, klingt im ersten Moment eher harmlos: greyzone activities. Damit werden in englischsprachigen Sicherheitskreisen all jene feindlichen Maßnahmen bezeichnet, die zwar noch unterhalb der Schwelle eines offiziellen Krieges ablaufen, den Frieden aber auch schon hinter sich gelassen haben.

So unspektakulär sich die Rede von der „Grauzone“ für eine an Superlative gewöhnte Öffentlichkeit zunächst anhören mag, impliziert die greyzone jedoch ein ganzes Arsenal an Aggressionen, das allzu schnell einen tatsächlichen Krieg auslösen könnte. Wladimir Putin, der weltweit vielleicht aggressivste Grauzonenpolitiker, hat dieses in den vergangenen Jahren mit steigender Intensität getestet. Die russischen greyzone activities reichen von mutmaßlicher Sabotage von Unterseekabeln und Cyberattacken über breitangelegte Desinformationskampagnen und explodierende Cargo-Frachten bis zu gezielten Luftraumverletzungen durch Kampfjets und Drohnen. Das primäre Ziel ist stets dasselbe: Angst und Chaos stiften und damit die Gegner chronisch verunsichern. Ein willkommener Nebeneffekt: Die durch Russlands Grauzonenpolitik betroffenen Nato-Staaten müssen finanzielle und politische Ressourcen zur Abwehr der Angriffe aufwenden, die im Zweifel dann bei der Unterstützung der Ukraine fehlen.