
Die Beratungsfirma Bernstein Analytics hat untersucht, auf welche Quellen die großen KI-Chatbots bevorzugt zurückgreifen, und ein Zitate-Ranking erstellt. Wer taucht bei ChatGPT, Gemini von Google, Perplexity und Elon Musks Grok am häufigsten auf? So lautete die Frage. Die Antwort ist aufschlussreich, allerdings nicht in dem Sinne, in dem Bernstein sie vorstellt.
750 Prompts formuliert
750 „Prompts“ hat das Unternehmen formuliert, also Suchanfragen, zu „25 relevanten Themen“, im dritten Quartal dieses Jahres, aus den Ressorts Wirtschaft/Finanzen, Innen- und Außenpolitik, Kultur/Feuilleton und Sport.
Bei den Antworten griffen die KIs an erster Stelle auf tagesschau.de, an zweiter auf spiegel.de, an dritter auf fr.de („Frankfurter Rundschau“) zurück. Auf Platz vier landete deutschlandfunk.de, auf Platz fünf zdf.de, es folgen zeit.de, welt.de, focus.de, t-online.de, merkur.de, dw.com (Deutsche Welle), auf Platz zwölf faz.net, dahinter ntv.de, bild.de, sueddeutsche.de, stern.de, taz.de, rnd.de, tagesspiegel.de und transfermarkt.de.
Auffällig sei, dass bei Elon Musks Chatbot Grok die „Tagesschau“ dominiere. Sie tauche in 98 Prozent der Prompts auf, auch bei Perplexity sei tagesschau.de gefragt. ChatGPT greife doppelt so häufig auf „konservativ eingeordnete Medien zu wie auf linksliberale“ (36 zu 18 Prozent), bei Gemini sei es umgekehrt (10,5 zu 32,5 Prozent), wobei hier „neutrale Quellen“ dominierten. Perplexity habe auch eine linksliberale Tendenz (23,3 zu 30,4 Prozent), am „ausgeglichensten“ sei Grok. (Der F.A.Z.-Auftritt faz.net, heißt es auf Nachfrage in eigener Sache, komme bei Perplexity gut an.) Insgesamt machten deutschsprachige Medien im Ranking, in das allein Inhalte aus journalistischen Redaktionen einflossen, 26,35 Prozent der Quellen aus. Googles Gemini nutze die Hälfte der „Top 20-Medien“ gar nicht und greife nur in 16 Prozent der Fälle auf Medienquellen zurück. Bei den anderen Chatbots liege die Medienquote bei rund 30 Prozent.
Daran bemisst Bernstein Analytics die „Relevanz von Medien im Zeitalter künstlicher Intelligenz“. Dazu sagen sollte man aber, wie diese „Relevanz“ zustande kommt – durch die algorithmische Einstellung der Chatbots, die wir nicht kennen, und die Verfügbarkeit der Quellen. Dass „Tagesschau“ und Deutschlandfunk vorn sind, ist kein Wunder, gibt der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine aus Rundfunkbeiträgen finanzierten Inhalte Digitalkonzernen doch seit jeher zur geschäftlichen Verwertung frei und schnürt unabhängigen Medien, die sich selbst finanzieren und auf Bezahlschranken setzen müssen, die Luft ab. Das Ergebnis heißt dann „Relevanz im Zeitalter künstlicher Intelligenz“.