Geschäftsordnung Bundestag: Pöbeln wird teurer

Künftig sollen im Bundestag Debatten lebendiger gestaltet werden können und klare Regeln gelten für die Wahl und Abwahl von bestimmten Ämtern. Die 2. und 3. Lesung der neuen Geschäftsordnung, auf die sich Union und SPD geeinigt haben, stand für den späten Donnerstagabend auf der Tagesordnung des Bundestags. In Kraft treten sollen die neuen Regeln zum 1. November.

Derzeit werden viele Abläufe im Bundestag durch eine Geschäftsordnung geregelt, die noch aus den Achtzigerjahren stammt. Manche Dinge sind auch schlicht Gepflogenheiten, ohne klare Regelung. Laut Johannes Fechner, der die neue Geschäftsordnung federführend für die SPD verhandelt hat, geht es darum, die Arbeit des Bundestags transparenter und effektiver zu gestalten. Außerdem müsse sie geschützt werden vor Attacken von Verfassungsfeinden.

Ausschussvorsitzende können abgewählt werden

So soll es künftig klare Regeln für die Wahl und Abwahl von Bundestagsvizepräsidenten, Schriftführern und Ausschussvorsitzenden geben. Künftig soll es nicht mehr möglich sein, immer wieder einen Kandidaten für den Posten des Bundestagsvizepräsidenten zur Wahl aufzustellen. Das zielt auf die AfD ab, die als einzige im Bundestag vertretene Fraktion bislang keine Mehrheit fand für einen Bundestagsvizepräsidenten, aber regelmäßig Kandidaten aufstellt. Künftig gilt, dass es nach drei Vorschlägen ein Quorum von 25 Prozent der Abgeordneten braucht, um einen vierten Vorschlag machen zu dürfen. Bei der Abwahl von Vizepräsidenten gilt ein Quorum von 50 Prozent.

Ein gewählter Ausschussvorsitzender kann künftig auch wieder abgewählt werden, wenn ein Drittel der Ausschussmitglieder das beantragt und zwei Drittel dafür stimmen. Erstmals wurde ein Ausschussvorsitzender 2019 abgewählt, Stephan Brandner von der AfD. Das Bundesverfassungsgericht billigte den Vorgang. Die Richter störte auch nicht, dass es keine ausdrückliche Regelung gab. Trotzdem soll es nun ein klares Verfahren geben.

Namentliche Abstimmungen müssen bis 9 Uhr gemeldet werden

Künftig werden in Aktuellen Stunden Zwischenfragen erlaubt sein. Es soll aber auch härter gegen Pöbeleien vorgegangen werden. Bislang kann der Bundestagspräsident bei „nicht nur geringfügigen Verletzungen der Ordnung oder der Würde des Bundestages“ ein Ordnungsgeld von 1000, im Wiederholungsfall von 2000 Euro festsetzen. Künftig soll er ein Ordnungsgeld von 2000, bei wiederholten Verstößen von 4000 Euro verhängen dürfen. Neuerdings soll nach drei Ordnungsrufen in einer Sitzung außerdem ein Saalverweis erfolgen. Mit dem dritten Ordnungsruf innerhalb dreier Sitzungswochen ergeht darüber hinaus ein Ordnungsgeld.

In den vergangenen Monaten kam es immer wieder vor, dass Abgeordnete Kleidungsstücke mit politischer Botschaft oder entsprechende Anstecker trugen. Wie damit umzugehen ist, regelt die neue Geschäftsordnung nicht; das sind Fälle für die Hausordnung des Bundestags.

Das Parlament soll auch familienfreundlicher werden. Damit junge Mütter und Väter besser planen können, bei wichtigen Abstimmungen anwesend zu sein, müssen künftig namentliche Abstimmungen am selben Tag bis 9 Uhr angemeldet werden. Bisher konnte das noch unmittelbar vor der Abstimmung geschehen. Der Bundestag plant, bald eine elektronische Anwesenheitsliste einzuführen. Noch wird aber überlegt, wie diese gegen Missbrauch geschützt werden kann.

Die schwarz-rote Koalition hatte versucht, mit Grünen und Linken gemeinsam zu einer Einigung über eine neue Geschäftsordnung zu kommen. Das ist aber nicht gelungen.