
Der Frust trägt einen prall mit blöden Ideen gefüllten Rucksack mit sich, dessen Inhalt er jenen Menschen in den Schoß kippt, deren Laune er gerade verhagelt. Wen der Frust also besucht, der spricht etwa Dinge aus, die er besser für sich behalten hätte. Frust verleitet dazu, ausgestreckte Hände auszuschlagen, Angebote zu verweigern und generell bockig zu sein. Laut einer sehr populären Vorstellung macht sich der Frust immerhin um das Wirtschaftswachstum verdient, indem er emotional angefressene Menschen animiert, sich unnützen Blödsinn zu kaufen. Also Frust-Shopping zu betreiben.
An letzterer Stelle dockt gerade Evan Polman von der University of Wisconsin-Madison an, der in einer Studie im Fachjournal Marketing Letters infrage stellt, ob es wirklich Frust ist, der impulsive Konsumentscheidungen antreibt. Die kurze Antwort lautet: Nein. Die etwas längere: Nein, aber für eine definitive Antwort ist diese Studie zu wenig. Der Wissenschaftler argumentiert also auf Basis der Ergebnisse seiner Experimente, dass Frust wohl nicht als Konsumtreiber wirkt: „Wir haben festgestellt, dass glückliche Menschen mehr Geld ausgeben.“ Demnach steht also gute Laune eher damit in Zusammenhang, trieb- oder affektgesteuert Geld in den Umlauf zu bringen und sich mit frischen Konsumgütern einzudecken. Allerdings berichtet der Forscher nur von einer Korrelation, über einen kausalen Zusammenhang kann er nichts aussagen.
Dass gute Laune mit locker sitzendem Geld einhergeht, sieht nicht nur Polman so. Seine Studie baut auf einer Arbeit auf, welche die Wirtschaftswissenschaftler Barry Babin und William Darden bereits 1996 im Journal of Business Research publiziert hatten. Die Forscher hatten damals Kunden am Ausgang eines Laden in einem Einkaufzentrum gefragt, wie viel Geld sie gerade ausgegeben hatten und wie glücklich sie damit sind. Je Stufe auf der entsprechenden Gute-Laune-Skala hatten die befragten Shopper um zwölf Prozent mehr Geld ausgegeben. Natürlich kann das viele verschiedene Gründe haben; etwa, dass Menschen mit ausreichenden finanziellen Mitteln einfach besser gelaunt sind, weil sie nicht umfassend sparen müssen – und einfach mehr ausgeben, weil sie mehr haben.
Statt in Geschäfte zu gehen, verziehen sich niedergeschlagene Menschen lieber
Um dieses Problem in der aktuellen Studie zu umgehen, rekrutierte Polman 307 Probanden, denen er jeweils zehn US-Dollar zur freien Verfügung stellte. Die Teilnehmer durften das Geld ausgeben, behalten oder auch mit eigenen Mitteln aufstocken. Zusätzlich ermittelte Polman die „dispositionelle Zufriedenheit“ der Probanden, also das eher grundsätzliche statt situative Glücksniveau der Teilnehmer. Dies ist der wesentliche Unterschied zu der Studie aus dem Jahr 1996, die Polman mit seiner Arbeit konzeptuell repliziert hat: Die gemessene Laune basiert nicht nur auf situativer Selbstauskunft, sondern auf eher tieferer Messung der grundsätzlichen, charakterliche beeinflussten Gemütsverfassung.
Eine Woche nach Aushändigung des (spärlichen) Shoppingbudgets wurde Bilanz gezogen. Im Mittel hatten die Probanden 9,80 Dollar ausgegeben, und 21,4 Prozent der Teilnehmer mehr als zehn Dollar unter die Leute gebracht. Dabei zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang mit dem zuvor ermittelten Glücksniveau. Wer guter Stimmung war, hatte im Mittel mehr Geld ausgegeben, während eher dunkle Gemütswolken mit vergleichsweise zurückhaltendem Konsumverhalten in Zusammenhang standen.
Allerdings muss man einwenden, dass zehn Dollar nun kaum einen Betrag darstellen, mit dem große Shopping-Touren möglich sind. Im Gegenteil: Zehn Dollar verschwinden schnell aus dem Geldbeutel, ohne für nennenswerte Beute zu sorgen. Dennoch: Es ergab sich eine Korrelation mit der Gemütsverfassung, die eher für einen Konsumeffekt durch gute Laune spricht. Auch andere Studien legen Effekte nahe, die sich im Sinne einer Guten-Laune-Wirkung auf die Kauflust interpretieren lassen. So geben Menschen mehr aus, wenn es sonnig ist, sie mit Freunden unterwegs sind, wenn sie entspannt sind oder gerade einen kleinen Dopamin-Schub erleben.
Positive Stimmung, so das Argument von Polman, lindere womöglich die emotionalen Kosten, Geld aus der Hand zu geben. Außerdem sprächen typische Verhaltensmuster niedergeschlagener Menschen eher nicht dafür, dass diese auf Konsumabenteuer gehen. Statt in Geschäfte zu gehen, verziehen sich niedergeschlagene Menschen lieber. Oder dekadenter ausgedrückt: Frust motiviert vermutlich kaum dazu, zum Shopping-Wochenende nach New York fliegen. Stattdessen treibt einen eher gute Laune in den Flieger – und natürlich ein üppiger Kontostand.