Eintracht Frankfurt und die Frage nach dem schwarzen Schwan

Es gab schon hektischere Tage am Proficampus der Eintracht: 16 ihrer Spieler sind mit ihren Nationalmannschaften in der Welt unterwegs. Die restlichen Profis trainierten im Keller des Camps, Ansgar Knauff stemmte 60 Kilogramm auf der Hantelbank, Elye Wahi stählte seine Schultern an einem Seilzug.

Ein Stockwerk weiter oben ist derweil Zeit für Denkaufgaben. Vier Spiele, 16 Gegentore, das bietet Anlass zum Rätseln. Waren die vergangenen Wochen nur eine unglückliche Fügung, der schwarze Schwan in den knapp 40 Wochen, in denen die Eintracht jedes Jahr Fußball spielt? Oder vielleicht doch eher das Ergebnis eines, sagen wir, etwas rasch vollzogenen Systemwechsels?

Auch er lese die Zeitung, sagte Sportdirektor Timmo Hardung am Mittwoch in einer Medienrunde. Auch er kenne die Debatten, ob dieser jungen Mannschaft nicht fünf statt vier Abwehrspielern guttäten. Aber: „Das hat nichts mit der Taktik zu tun.“ Die Spieler seien bereits dort, wo sie sein müssten, auch in einer Viererkette.

Eintracht-Sportdirekor Timmo Hardung
Eintracht-Sportdirekor Timmo HardungPicture Alliance

Das Problem ist also kein strukturelles. An einen schwarzen Schwan glaubt Hardung aber auch nicht: „Wir haben nicht die letzte Gier“, bemängelte der Sportdirektor. Womit er schon früh im Gespräch beim Kern der Dinge angelangt war. Die Eintracht-Spieler stehen weit auseinander, und wenn sie mal näher an einen Gegenspieler herankommen, greifen sie zu zaghaft an. „Wenn wir da Luft ranlassen, wird es schnell gefährlich“, sagte Hardung.

Was bei all der Taktiererei gern vergessen wird: Der Weg zurück zu einer Fünferkette mit schnellem Konterspiel ist komplizierter als vermutet. Weil die Eintracht im Sommer Spieler verpflichtet hat, die am liebsten den Ball halten und ihre Gegenspieler in deren Spielaufbau bedrängen. Stürmer Jonathan Burkardt etwa, der, wie an dieser Stelle schon häufig beschrieben, einer der besten Pressingspieler der Liga ist. Nicht aber einer der besten Konterspieler. Oder Rechtsaußen Ritsu Doan, bei dem es mehr Spaß macht, ihm beim Dribbeln zuzuschauen als beim Sprinten. „Der Ball soll bei uns sein, wir wollen ihn haben“, fasste Hardung das zusammen, was sich auf der Transferliste ablesen lässt.

Wenig Schuld sieht die Eintracht beim Brasilianer Kauã Santos. Seit der 22 Jahre alte Torhüter Michael Zetterer ersetzte, trafen Union Berlin, Gladbach, Atlético Madrid und die Bayern im Schnitt viermal pro Spiel. Santos wird trotzdem im Tor bleiben, sagte Hardung. Auch in den Pokalspielen plant die Eintracht keinen Wechsel, denn: „Wir müssen Kauã in bessere Positionen bringen, nicht in Situationen, die er nicht mehr verteidigen kann.“ Das wird Trainer Dino Toppmöller nun mit seinen Spielern einstudieren. In den nächsten Wochen soll – wie schon seit dem Atlético-Spiel – vor allem der Mannschaftsteil trainiert werden, an dem es hapert: die Abwehr.