
Die Bundesregierung hat eine Änderung der umstrittenen Krankenhausreform beschlossen. Der Gesetzesentwurf von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) räumt den Ländern mehr Zeit für die Umsetzung der Reform ein und soll den befristeten Weiterbetrieb von kleinen Kliniken, die von der Schließung bedroht sind, absichern. Die Reform soll außerdem erst 2030 vollständig wirksam werden, also ein Jahr später als ursprünglich geplant.
„Es wird weniger Krankenhäuser geben, Krankenhäuser werden
zusammengelegt, Krankenhäuser schließen“, sagte Warken im
Deutschlandfunk. „Es werden künftig die Kliniken am Netz bleiben, die
auch wirtschaftlich arbeiten können.“ Die Reform solle gewährleisten,
„dass wir eine gut erreichbare Grundversorgung haben“. Allerdings würden
bestimmte Leistungen in kleineren Krankenhäusern wegfallen, sodass „man dann, wenn man einen speziellen Eingriff benötigt, einen weiteren
Weg in Kauf nimmt“.
Für einen Zeitraum von drei Jahren sollen für kleinere Kliniken mehr Ausnahmen bei den
strengen Qualitäts- und Personalvorgaben gelten: Sie sollen weiter
betrieben werden können, auch wenn sie die Vorgaben nicht erfüllen. So
sollen unpopuläre Klinikschließungen auf dem Land verhindert werden. Über die konkreten Ausnahmen entscheiden die Länder. Vor allem die unionsgeführten
Länder hatten gegenüber der Gesundheitsministerin auf mehr Autonomie und eine längere Dauer der Ausnahmeregelung gedrängt, die SPD hatte sich gegen eine solche Verlängerung ausgesprochen.
Mittel aus dem Infrastruktur-Sondervermögen
Der Bund soll gemäß der Änderung zudem nun den Anteil der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) am 50 Milliarden Euro schweren Transformationsfonds
aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität übernehmen.
Davon will der Bund die Länder außerdem in den ersten vier Jahren bei
den Kosten der Reform mit jährlich einer Milliarde Euro entlasten.
Ursprünglich sollten die rund 50 Milliarden Euro je zur Hälfte von den
Ländern und den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden.
Bundesweit sollen dem Gesetzesentwurf zufolge verbindliche Erreichbarkeitsvorgaben und
Vorgaben zur Zahl der erforderlichen Fachärzte bei bestimmten Eingriffen
entfallen. Die Einführung eines anderen Vergütungssystems wird um ein
Jahr verschoben.
Die ursprüngliche Krankenhausreform war das zentrale gesundheitspolitische Vorhaben des früheren Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD). Ziel war es, die medizinische Versorgung effizienter, qualitativ hochwertiger und kostengünstiger zu gestalten. Kernpunkte der Reform waren eine stärkere Spezialisierung der Kliniken, die Einführung bundeseinheitlicher Qualitätsvorgaben sowie ein neues Finanzierungssystem mit sogenannten Vorhaltepauschalen. Kleinere Krankenhäuser sollten sich künftig auf Grundversorgungsleistungen beschränken, während spezialisierte Eingriffe an größere Zentren gebunden werden sollten. Die Reform stieß von Anfang an auf Widerstand – insbesondere aus den Bundesländern, die Klinikschließungen und hohe Umsetzungskosten befürchteten.
Im Oktober 2024 beschloss der Bundestag die Krankenhausreform, kurz darauf zerbrach die Ampelkoalition. Zwar billigte der Bundesrat die Reform wenig später trotzdem, die Union kündigte jedoch schon damals an, sie im Falle eines Wahlsiegs verändern zu wollen. Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag daher vereinbart, die Reform nachzubessern. Die endgültige Entscheidung über die nun in Form des neuen Gesetzesentwurfs vorliegende Änderung liegt nun beim Bundestag, der Bundesrat muss nicht zustimmen.
Kritik von Versicherungen und Opposition
Trotz der finanziellen Zugeständnisse stößt auch die nun geplante Änderung von Gesundheitsministerin Warken auf Kritik. Die gesetzlichen Krankenkassen kritisierten die
vielen Ausnahmeregelungen für die Länder: „Die Behandlungsqualität darf
doch nicht davon abhängen, in welchem Bundesland jemand ins Krankenhaus
kommt, genau das droht nun.“ Der AOK-Bundesverband beklagte „zahlreiche
Hintertüren zur Abweichung von den ursprünglich verbindlich
festgeschriebenen Qualitätsvorgaben“.
Opposition und Fachverbände befürchten dagegen vor allem eine Aufweichung der
Krankenhausreform. „Ministerin Warken verwässert zentrale Elemente der
Krankenhausreform“, sagte der Grünengesundheitsexperte Armin Grau.