„Maischberger“: Merz besser als Scholz? „Die Zeit haben wir nicht mehr, dass mir da etwas einfiele“, sagt Lauterbach

Karl Lauterbach hat in der Sendung „Maischberger“ vor einer Abschaffung des Pflegegrads 1 gewarnt. Nicht nur im ineffizienten Gesundheitswesen sei das Gerechtigkeitsproblem „der Elefant im Raum“. Und dann outete sich der ehemalige Gesundheitsminister auch noch als „Scholz-Fan“.

Was der ehemalige Gesundheitsminister von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hält, daraus machte Karl Lauterbach in der ARD-Talkshow „Maischberger“ keinen Hehl. Auf die Frage, was Merz besser mache als sein Vorgänger Olaf Scholz (SPD), antwortete Lauterbach: „Die Zeit haben wir nicht mehr, dass mir da noch etwas einfiele“. Das Gelächter des Publikums war ihm da sicher.

Als Moderatorin Sandra Maischberger nachhakte, ob es denn „so viel oder so wenig“ sei, winkte der SPD-Politiker ab, stellte aber noch einmal klar: „So wenig!“ Anschließend outete er sich dann auch noch als „Scholz-Fan“. Insofern sei das „keine gute Frage“ für ihn.

Der ehemalige Gesundheitsminister und SPD-Bundestagsabgeordnete musste sich im Interview mit Moderatorin Maischberger aber auch noch zu handfesten Themen positionieren, etwa der schwelenden Debatte um eine Abschaffung des Pflegegrads 1. Die „Bild“-Zeitung hatte am Wochenende berichtet, dass es in der Koalition Überlegungen zur Abschaffung dieses niedrigsten Grads der Pflegebedürftigkeit gebe. Nach Angaben des CDU-geführten Gesundheitsministeriums befasst sich die Arbeitsgruppe von Bund und Ländern auch mit Pflegegraden und deren Ausrichtung. Erste Zwischenergebnisse seien noch im Oktober zu erwarten.

Lauterbach hält nichts von einem solchen Vorschlag: „Wenn man den Pflegegrad komplett wegnimmt, dann betrifft das natürlich auch Leistungen, mit denen man versucht, höhere Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Ich spare dann im Prinzip, wo es auch noch um die Vorbeugung von sehr intensiver Pflege geht. Ob das jetzt der klügste Vorschlag wäre, den man machen kann, sei dahingestellt.“

Bei Reformen komme es auf Gerechtigkeit und Effizienz an, so Lauterbach. „Einfach etwas zu streichen oder den Bürger mehr für etwas zahlen zu lassen, was ineffizient organisiert ist – das hilft nicht.“

„Ausgeprägte Zwei-Klassen-Medizin“

Angesprochen auf die Probleme im reformbedürftigen deutschen Gesundheitswesen sagte Lauterbach: „Wir müssen hier liefern, wir haben eine ausgeprägte Zwei-Klassen-Medizin. Die Leute, die zum Facharzt müssen, müssen monatelang warten, der Privatversicherte ist direkt dran. Bei der Pflege hat man Angst, dreieinhalbtausend Euro bezahlen zu müssen, die man nicht hat.“ Hinzu kämen hohe Lebenshaltungs- und Mietkosten und „Probleme mit Bürgergeld und Migration“. „Das Gerechtigkeitsproblem ist der Elefant im Raum“, bilanzierte Lauterbach die Lage im Land.

Der Vorschlag des SPD-Politikers, der selbst von 2021 bis 2025 im Kabinett von Scholz das Gesundheitsministerium führte: „Wir müssten Reformen machen, damit das System einfach nicht mehr so teuer ist. Wir haben ja das teuerste System in ganz Europa. Trotzdem ist die Lebenserwartung die niedrigste in Westeuropa“, kritisierte Lauterbach.

Was er damit meint? „Reformen, die mutig sind, das heißt nicht, den Leuten mehr Geld abzunehmen – sondern zum Beispiel eine Reform, wo ich mich mit den Ländern und den Krankenhausverbänden anlege und sage: ‚Wir müssen hier das System effizienter machen und wir haben zu viele Krankenhäuser‘. Dafür braucht man Mut.“ Lauterbach spielte hier auf die geplante Krankenhausreform an, die von ihm als Gesundheitsminister in der Ampel-Koalition angestoßen wurde und als Prestigeprojekt seiner Amtszeit gilt.

Die Bundesregierung will am heutigen Mittwoch nach langem Tauziehen eine angepasste Reform der Krankenhausreform auf den Weg bringen. Union und SPD hatten sich auf Änderungen der im vergangenen Jahr noch von der Ampel-Regierung verabschiedeten Krankenhausreform verständigt. Der Entwurf des Anpassungsgesetzes von Lauterbachs Nachfolgerin, Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU), war allerdings mehrmals von der Tagesordnung des Kabinetts gestrichen worden.

Nachbesserungen bei Krankenhausreform

Ziele der Reform sind unter anderem eine Qualitätssteigerung und Spezialisierung der Krankenhäuser. Dazu sollen jedem Krankenhaus bestimmte Fachgebiete zugewiesen werden. Zudem soll ein neues Vergütungssystem dazu beitragen, Fehlanreize für medizinisch unnötige Operationen abzubauen.

Ziel der Reform ist auch, die Zahl der Kliniken zu verringern, dabei aber ein unkontrolliertes Kliniksterben zu verhindern. Der Gesetzentwurf von Warken sieht befristete Ausnahmeregeln für die Bundesländer bei der zeitlichen Umsetzung der Reform und den Qualitätskriterien vor. Damit soll der Erhalt von Kliniken in ländlichen Regionen gesichert werden, die für die Grund- und Notfallversorgung zuständig sind. In Deutschland gab es Ende 2024 rund 1800 Krankenhäuser und damit eine international sehr hohe Krankenhausdichte.

Lauterbach soll Berichten zufolge beim Ringen um die Nachbesserungen beteiligt gewesen sein. Hinter den Kulissen ging es dem Vernehmen nach etwa darum, wie groß die vorgesehenen Ausnahmen für die Qualitätskriterien sein sollten, die die Kliniken künftig erfüllen müssen.

Der Ex-Gesundheitsminister wurde von Maischberger zum Ende der Sendung auch auf Fehler in seiner Amtszeit angesprochen. Versäumt habe er, als Gesundheitsminister, ein „Vorbeugegesetz“ durchzusetzen, sagte Lauterbach – und nannte es das „größte Defizit in unserem System“. „Wir investieren weniger als fünf Prozent in Vorbeugung. Dabei würde das die Gesundheit der Bevölkerung mehr verbessern als jedes andere Gesetz“, so Lauterbach.

Dabei gehe es etwa um Früherkennung, Behandlung von Risikofaktoren, Früherkennung von Bluthochdruck, Cholesterin, Stoffwechsel- und Krebserkrankungen.„Wenn wir da mehr Geld einsetzen würden, würden wir Geld sparen und die Menschen würden deutlich länger leben.“ Als Gesundheitsminister sei ihm „die Zeit weggelaufen“.

dp mit KNA