Autobranche: Wann wir wirklich über ein Verbrennerverbot reden sollten

Wie sehr das jahrelang verbreitete Ideal der Transformation des Autoantriebs die deutschen Hersteller in die Irre geführt hat, lässt sich leicht ablesen: Volkswagen hat Fabriken von Golf und Passat auf die Herstellung von Elektroautos umgestellt.

Doch immer wieder pausiert die Produktion mangels Nachfrage. Porsche hat das Volumenmodell Macan auf elektrischen Antrieb umgestellt und muss nun wegen enttäuschender Nachfrage schnell doch noch einen neuen Verbrenner entwickeln und dafür Milliarden in die Hand nehmen. Mercedes wollte allein auf Elektroantrieb setzen und behält nun die Verbrenner länger.

Langfristig besteht kein Zweifel daran, dass sich die Elektromobilität durchsetzen und in einigen Jahrzehnten die Autobranche dominieren wird. In elektrisch betriebenen Autos kann 70 Prozent der Energie für Vortrieb verwendet werden, bei einem Diesel weniger als 40 Prozent. Doch der Übergang in die schöne neue Elektrowelt fällt schwer, wegen fehlender Lademöglichkeiten und fehlenden grünen Stroms zum Laden oder zum energieintensiven Bau der Batterien.

Zahl der Neuzulassungen enttäuscht

Von einem „Hochlauf der Elektromobilität“ kann deshalb nicht die Rede sein: Von Januar bis August 2025 betrug der Anteil batterieelektrischer Autos (BEV) an den Neuzulassungen der EU weniger als 16 Prozent. In Deutschland erreichte der BEV-Anteil 18 Prozent, Dänemark kam auf 65 Prozent, Kroatien auf ein Prozent. Am gesamten Fuhrpark der Pkw in der EU, 260 Millionen, hatten Ende 2024 die knapp sechs Millionen BEV einen Anteil von 2,3 Prozent. Deutschlands Fuhrpark an BEV, 1,65 Millionen, machte 3,3 Prozent aller 50 Millionen deutschen Autos aus. Im EU-Land mit dem zweitgrößten Autobestand, Italien, mit 41 Millionen Pkw, waren aber nur 0,7 Prozent rein elektrisch.

Deutschland könnte 2025 eine halbe Million BEV-Neuzulassungen erreichen. Selbst wenn dieser Wert jedes Jahr um 0,5 Millionen steigen und ab 2030 in Deutschland nur noch BEV zugelassen würden, wären die Wunschträume der Ampelregierung unerreichbar: Anfang 2030 erreichte der BEV-Bestand neun Millionen (nicht 15 Millionen, wie von der Ampel angestrebt), anfangs 2035 dann 23 Millionen oder 46 Prozent des Bestands von 2024. Würde in der EU die Zahl der BEV-Zulassungen jedes Jahr um eine Million steigen, bis 2034 auf elf Millionen, den Gesamtwert der jährlichen Zulassungen, könnte Anfang 2035 der BEV-Anteil am EU-Bestand ein wenig mehr als ein Viertel erreichen, es gäbe daneben noch geschätzt 190 Millionen Verbrenner auf den Straßen.

Für eine Verringerung des Klimaeffekts des Autoverkehrs wäre es zunächst dringlich, den Bestand an Verbrennerautos möglichst wenig mit klimaschädlichen fossilen Treibstoffen zu betreiben, sondern so bald wie möglich mit klimaneutralen E-Fuels. Dafür fehlen aber im Moment jegliche Anreize, die Nachfrage und Angebot beflügeln könnten.

Genügend Modelle, fehlende Käufer

Mit Verbrennern wollten sich EU-Kommission und grüne Klimapolitiker aber ohnehin nicht abgeben. Das Verbrennerverbot ab 2035 sollte eine schnelle Verbreitung von Elektroautos erzwingen. Dieser Zwang sollte die Autohersteller in Richtung Elektroauto dirigieren. Ohne diesen Zwang, so wird unterstellt, würden die Anstrengungen für Elektromobilität nachlassen. Aus heutiger Sicht ist das Unfug, denn Europas Autokonzerne bieten derzeit schon 84 Elektromodelle an, finden nur nicht genügend Käufer. Die Hindernisse sind bei den Rahmenbedingungen, und da müssen dieses Mal nicht die Autohersteller, sondern EU-Kommission und nationale Regierungen handeln – etwa mit einem Bonus an vergünstigtem Ladestrom für alle E-Auto- und Plug-in-Fahrer, der den Betrieb von E-Autos attraktiver macht.

Über einen Zwang zum Elektroauto dürfte darüber hinaus erst wieder geredet werden, wenn die EU dafür die nötigen Voraussetzungen schafft. Um E-Autos unterwegs in überschaubarer Zeit zu laden, sind schnelle Säulen mit wenigstens 150 kW Leistung nötig. Davon gab es in der gesamten EU Ende 2024 knapp 77.000. Doch die Ladesäulen konzentrieren sich in wenigen Ländern.

Für mehr Elektromobilität muss zunächst Brüssel Ziele erreichen: Dazu gehört erstens die Möglichkeit für Autokäufer, in sechs Monaten einen Stromanschluss für eine heimische Wallbox erhalten zu können. Zweitens wären in allen Ländern so viele schnelle Ladesäulen ab 150 kW nötig, wie es derzeit Zapfsäulen an den Tankstellen gibt – also rund 100.000 in Deutschland und eine Million in der EU. Drittens müssten wenigstens zwei Drittel des Ladestroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Erst wenn diese Meilensteine erreicht sind, in allen Ländern der EU, sollte Brüssel wieder über ein Verbrennerverbot reden.