
Längst ist die Behauptung eines alten deutschen Schlagers widerlegt, dass es angeblich kein Bier auf Hawaii gäbe. Man kann sich auf diesen pazifischen Vulkaninseln so gut betrinken wie an beinahe jedem anderen Ort der Welt auch. Sogar mit Bier. Ob dies jedoch das Getränk der Wahl war, mit dem sich ein Pilot von Japan Airlines vor einem reichlichen Monat angesoffen hat, ist nicht bekannt, spielt für diese Geschichte aber auch eine untergeordnete Rolle. Jedenfalls hatte der Kapitän von seinem Gelage dermaßen einen sitzen, dass er sich tags darauf außerstande sah, eine Maschine von Honolulu nach Japan zu fliegen.

Der Mann meldete sich bei seinem Arbeitgeber krank. Da es jedoch nicht besonders viele Menschen gibt, die, auch wenn sie weder betrunken noch verkatert sind, ein Passagierflugzeug über den halben Pazifik steuern können und auch noch spontan zur Verfügung stehen, ist es zu einer Kettenreaktion mit erheblichen Verspätungen gekommen. Mehr als 600 Passagiere auf diversen Flügen von Japan Airlines waren betroffen, einige erreichten ihr Ziel erst mit 18-stündiger Verzögerung.
Es ist bei der Fluglinie nicht der erste Vorfall dieser Art in letzter Zeit. Zwei Piloten hatten zuvor in Melbourne einen Alkoholtest nicht bestanden, ein Kollege hatte sich in Dallas fluguntauglich gefeiert. Japan Airlines hat entsprechende arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen: Der 64-jährige Kapitän etwa, der sich nicht nur an, sondern auch in Honolulu berauscht hat, wäre vermutlich in absehbarer Zeit in Rente gegangen. Nach seiner Zecherei kann er jetzt gleich zu Hause bleiben.

:Dienst nach Vorschrift?
Warum es im Sommer nicht etwas lockerer angehen lassen? An einigen Flughäfen wird das gerade vorgelebt.
Diese Sanktion reicht dem Aufsichtsgremium des Unternehmens jedoch nicht aus. Wohl auch auf Druck des japanischen Verkehrsministeriums werden etliche Führungskräfte bestraft, weil sie das Problem der alkoholbedingten Ausfälle nicht in den Griff kriegen. Die Präsidentin der Fluglinie muss deshalb für zwei Monate auf 30 Prozent ihres Gehalts verzichten. Bei drei Dutzend weiteren Führungskräften, unter ihnen der Sicherheitschef und der Leiter des Flugbetriebs, fällt der Betrag auf ihren Gehaltsabrechnungen um immerhin zehn bis 20 Prozent geringer aus.
Keiner der derart Gemaßregelten wird deshalb verelenden. Aber die Strafe ist weit mehr als nur symbolischer Natur, denn beim Geld trifft man auch die Besserverdienenden am empfindlichsten. Die Frage ist nun, ob Japan Airlines als Vorbild taugt, um Trunkenheit am Arbeitsplatz sowie alkoholbedingte Ausfälle einzudämmen.
In München etwa würde niemand, der oberhalb des mittleren Managements angesiedelt ist, im letzten Quartal des Jahres sein volles Gehalt beziehen, wenn er oder sie finanziell dafür geradestehen müsste, dass die Wiesn die Reihen der handlungsfähigen Mitarbeiter merklich lichtet. Zumal sich die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt, denn von der berüchtigten letzten Mass, die zu viel war, ist nicht immer gleich die Sicherheit des internationalen Flugverkehrs bedroht. Aber es gehen ja auch Busfahrer und Ärztinnen aufs Oktoberfest, die man sich als Passagierin respektive Patient weder betrunken noch verkatert wünscht. Eines muss jedenfalls allen klar sein, die sich wünschen, das Japan-Beispiel möge Schule machen und auch den gewünschten Erfolg bringen: Mitarbeiter, die ihren Chefs gegenüber kurz vor der Rente ihre Geringschätzung kundtun wollen, bekommen ein mächtiges Werkzeug in die Hand.
