Hamburgische Staatsoper: Eine perfekte Landung

Der Vorhang ist offen, die Sänger befinden sich auf Position, auch der Generalmusikdirektor steht im Orchestergraben an seinem Pult. Ohne Zuschauer aber macht eine Opernpremiere keinen Sinn, ganz buchstäblich: Der Sinn entsteht erst durchs Zuschauen. Und weil es dauert, bis das Publikum Platz genommen hat, bleibt Zeit, kurz über Tobias Kratzer nachzudenken.

In einem wesentlichen Punkt nämlich unterscheidet sich der 45-jährige Regisseur, der mit diesem Abend seine Intendanz an der Hamburgischen Staatsoper eröffnet, von den meisten seiner Kolleginnen und Kollegen: Er glaubt felsenfest an das, was er tut. Und zweifelt damit an der gängigen Erzählung der Gegenwart, wonach Oper als Kunstform einfach vorbei ist, erledigt, gähn, nur mit viel staatlichem Geld künstlich am Leben gehalten für das letzte bisschen alterndes Publikum. Für Menschen, die irgendwann im Leben musikalisch versehentlich in die Vergangenheit abgebogen sind, hoppla, und jetzt muss man sie halt noch mitschleppen als Gesellschaft, weil sie ihren Spleen Tradition nennen oder kulturelles Erbe. Auch etliche Angehörige des Betriebs scheinen resigniert zu haben. Machen nur weiter, weil sie denen, die sie für ihre Gegner halten, den Triumph der eigenen Kapitulation nicht gönnen.